Idiopathische Lungenfibrose – rasche Diagnose ist unumgänglich!

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Kaum Luft zum Atmen: Die Behandlung der Idiopathische (pulmonalen) Lungenfibrose (IPF) verlangt genaue, rasche Diagnosen und neue, innovative Therapien. Die IPF ist eine besonders aggressive Form der Lungenfibrose. Sie hat unter allen Lungenfibrosen die schlechteste Prognose. Erstmals festgestellt wird die IPF in der Regel nach dem 45. Lebensjahr. Davor ist die Erkrankung extrem selten. Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen.

Was ist IPF?

IPF ist eine langsam fortschreitende, irreversible und tödlich verlaufende seltene Erkrankung. Durch die Erkrankung an IPF vernarbt das Lungengewebe und dadurch wird die Aufnahme von Sauerstoff durch die Lunge sukzessive erschwert. Diese Vernarbung führt zur Verschlechterung der Lungenfunktion und damit unvermeidlich zu Kurzatmigkeit und verminderter Belastbarkeit des Körpers.

Bisher konnte keine bestimmte Ursache für die Erkrankung nachgewiesen werden, daher spricht man von einer „idiopathischen“ Lungenfibrose. In Österreich wird die Prävalenz zwischen 1.100 und 1.700 Menschen angegeben. Experten schätzen, dass davon lediglich 20 Prozent diagnostiziert sind. In der EU geht man von insgesamt 80.000 bis 110.000 Betroffenen aus. Jährlich kommt es europaweit zu ungefähr 30.000 bis 35.000 Neuerkrankungen. Die genaue Zahl ist aufgrund der Seltenheit der Krankheit und der Schwierigkeit der Diagnose nicht eindeutig bestimmbar.

Früherkennung hat wesentlichen Einfluss auf Krankheitsverlauf

Die Idiopathische Lungenfibrose verläuft bei jedem Patienten unterschiedlich und es ist nicht vorhersehbar, wie rasch die Erkrankung sich verschlechtert. Um das Fortschreiten der IPF rechtzeitig eindämmen zu können, spielt die Früherkennung eine ganz wesentliche Rolle. „Frühe Anzeichen für eine IPF können zum Beispiel chronischer trockener Reizhusten, Kurzatmigkeit bei Routinetätigkeiten oder Rasselgeräusche beim Abhören der Brust sein, die klingen, als würde man langsam einen Klettverschluss öffnen,“ informiert Dr. Hubert Koller, Oberarzt der 1. interne Lungenabteilung des Otto Wagner Spitals in Wien.

„Im späteren Stadium der Erkrankung erleiden Patienten zunehmend Atemnot und Husten bei alltäglichen Tätigkeiten wie Essen oder Telefonieren. Häufig treten periphere Ödeme auf und es kommt zur Bildung sogenannter Trommelschlegelfinger – eine Verbreiterung der Fingerspitzen und Verdickung des Nagelbetts. Betroffene leiden zudem auch unter unspezifischen Beschwerden wie Müdigkeit, Gewichtsabnahme, Muskel- und Gelenksschmerzen“, führt Dr. Koller weiter aus.

Mit gezielten Diagnosen die geeignete Therapie finden

Bei vielen Patienten dauert es oft bis zu zwei Jahre nach Auftreten der ersten Symptome, ehe die Diagnose einer idiopathischen Lungenfibrose (IPF) gestellt wird. „Die Diagnose von Lungenfibrosen erweist sich als sehr kompliziert, da zuerst andere Lungenerkrankungen wie Asthma oder chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD), aber auch kardiovaskuläre Erkrankungen ausgeschlossen werden müssen. Darüber hinaus kann die IPF gemeinsam mit anderen Lungenerkrankungen auftreten“, erklärt Dr. Koller.

Da sich Lungenkrankheiten auf dem CT-Bild sehr stark ähneln, bedarf es einer engen Zusammenarbeit zwischen der Pulmologie und der Radiologie. Aufgrund eines Krankheitsverdachts führt die Radiologie gezielte diagnostische Untersuchungen durch und stellt das Krankheitsbild „Lungenfibrose“ fest. „Der Krankheitsverdacht entscheidet, auf welche Merkmale die Lunge untersucht wird. Stimmt der Verdacht, stellen wir die Diagnose „Fibrose“, ansonsten muss erneut mit der Diagnosefindung begonnen werden.

Der Diagnose-Prozess beinhaltet meist einen oder mehrere Tests wie zum Beispiel Bluttest, Lungenfunktionstest (Spirometrie), Blutgastest, 6-Minuten-Gehtest oder hochauflösende Computertomographie (HRCT). Eine Lungenbiopsie kann für IPF Patienten ein beträchtliches Risiko darstellen, daher sind bildgebende Verfahren zu bevorzugen,“ so Priv. Doz. Dr. Helmut Prosch, Uniklinik für Radiologie und Nuklearmedizin, der Medizin Universität Wien.

Leben mit Lungenfibrose – Probleme im Alltag

Der Krankheitsverlauf einer Lungenfibrose lässt sich nicht vorhersehen und verläuft bei jedem Betroffenen unterschiedlich, da die Abnahme der Lungenfunktion von Patient zu Patient ungleich schnell voranschreitet. Sobald jedoch eine Verschlechterung der Lungenfunktion eingetreten ist, ist diese irreversibel. Ing. Günther Wanke, der selbst an Lungenfibrose leidet, erzählt:

“ Als bei mir Lungenfibrose diagnostiziert wurde, musste ich schlagartig meine Lebensgewohnheiten an die neue Situation anpassen. Schon bei einfachen Routinewegen hatte ich oft das Gefühl, dass mir oft die Luft weg bleibt. Belastungen ohne Sauerstoffunterstützung wären nicht mehr möglich gewesen.“ Für die richtige Unterstützung und breite Aufklärung engagiert sich Wanke seitdem bei LOT Austria, der Selbsthilfegruppe für COPD, Lungenfibrose und Langzeit-Sauerstoff-Therapie. „Es braucht noch viel mehr Bewusstseinsbildung und Aufklärung über IPF“, betont er, „denn durch eine frühe Diagnose und die richtige Behandlung können Patienten länger ein ‚normales‘ Leben führen.“

Der Krankheitsverlauf kann verlangsamt und sogar aufgehalten werden

Die Behandlungsoptionen variieren je nach Stadium der Erkrankung und Zustand des Patienten. Die Forschung und Entwicklung innovativer Medikamente hat die Therapiemöglichkeiten in den letzten zwei Jahren stark verbessert. „Mit antifibrotisch wirkenden oralen Arzneimitteln kann der Vernarbung des Lungengewebes erstmals entgegen gewirkt werden. Das Fortschreiten dieser aggressiven und tödlich verlaufenden Erkrankung kann somit verlangsamt und sogar aufgehalten werden.“

Das bedeutet wirklich Hoffnung für Patienten, die zum Zeitpunkt der Diagnosestellung meist mitten im Erwerbsleben stehen und mit der Diagnose dieser seltenen Erkrankung schockartig konfrontiert werden. Eine weitere aktuelle medikamentöse Option ist der Einsatz eines Tyrosinkinase-Inhibitors. Patienten, bei denen die IPF bereits sehr weit fortgeschritten ist, erhalten häufig zusätzlich eine Sauerstofftherapie. Dabei wird durch die zusätzliche Zufuhr von Sauerstoff der Sauerstoffgehalt im Blut erhöht. Das wirkt sich positiv auf die Belastbarkeit der Patienten aus und hat eine nachweisbar lebensverlängernde Wirkung.

In ausgewählten Fällen kann als weitere Therapiemöglichkeit eine Lungentransplantation zum Einsatz kommen. Befinden sich Patienten am Ende ihres Krankheitsverlaufs – wenn das Lungengewebe vollkommen vernarbt ist – kann IPF einen schnelleren Tod herbeiführen als viele Krebserkrankungen wie Brust-, Eierstock- oder Dickdarm- bzw. Enddarmkrebs. So leben durchschnittlich nur noch 20% aller an IPF erkrankten Personen fünf Jahre nach Diagnose der Krankheit.

„Ziel in der Behandlung der idiopathischen Lungenfibrose ist es, durch passende Behandlungsstrategien die Lungenfunktion der Patienten länger zu erhalten und den Verlauf der Krankheit zu verzögern“, fasst Dr. Koller abschließend zusammen. Auf diese Weise kann die Lebensqualität für die Erkrankten unter Therapie langfristig verbessert werden.

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