Bei Adipositas handelt sich um eine chronische Erkrankung, bei der das Körpergewicht das gesunde Maß überschreitet und das Risiko für verschiedene Gesundheitsprobleme wie Herzerkrankungen, Diabetes und Gelenkprobleme erhöht. Bei Jugendlichen wird ein chirurgischer Eingriff zumeist nur unter besonderen Voraussetzungen durchgeführt.
Nun hat eine schwedische Studie hat im Rahmen einer randomisierten, kontrollierten Studie untersucht, ob eine bariatrische Operation bei schwer adipösen Jugendlichen sinnvoll ist.
Schwere Adipositas bei Jugendlichen hat tiefgreifende Auswirkungen auf die aktuelle und zukünftige Gesundheit. Zur Eindämmung dieses Problems wird die metabolische und bariatrische Chirurgie (MBS) international zunehmend auch bei Jugendlichen eingesetzt. Eine aktuelle Studie aus Schweden hat nun die Veränderungen des BMI sowie sekundäre Gesundheits- und Sicherheitsergebnisse nach einer MBS bewertet.
Adipositas und ihre Folgen
Adipositas ist vor allem in Industrieländern stark im Steigen. In Österreich kann man das etwa an einem 15-Jahres-Vergleich bei jungen Männern sehen, die beim Bundesheer zur Stellung auf ihre gesundheitliche Tauglichkeit untersucht werden. Zwischen 2003 und 2018 ist die Anzahl der adipösen Jungmänner auf mehr als 10 Prozent gestiegen.
Zu den Folgeerkrankungen zählen unter anderem Bluthochdruck, Fettleber, Schlafapnoe bis hin zu Diabetes Typ 2.
Alle diese Erkrankungen führen zu einer Verringerung der Lebensdauer, wie eine britische Langzeitstudie unter über 3,6 Millionen Erwachsenen in Großbritannien deutlich macht. Sie wurde Ende 2018 im Fachjournal „The Lancet Diabetes and Endocrinology“ publiziert.
Welche Therapiemöglichkeiten für Jugendlichen mit schwerer Adipositas gibt es?
Bei Jugendlichen mit schwerer Adipositas können verschiedene therapeutische Maßnahmen in Betracht gezogen werden.
Der Behandlungsansatz sollte dabei ganzheitlich sein und sowohl Veränderungen im Lebensstil als auch medizinische Interventionen umfassen.
Hier ein Überblick über die wichtigsten therapeutischen Maßnahmen, die bei schwerer Adipositas bei Jugendlichen eingesetzt werden können:
- Lebensstiländerungen: Eine gesunde Ernährung, regelmäßige körperliche Aktivität und Verhaltensänderungen sind grundlegende Maßnahmen zur Gewichtsreduktion. Wesentliches Ziel ist eine ausgewogene Ernährung, mit einem möglichst geringen Konsum von zuckerhaltigen Getränken und Fast Food und dazu eine aktive Lebensweise.
- Verhaltensänderungstherapie: Verhaltensänderungsprogramme können Jugendliche dabei unterstützen, ihr Essverhalten und ihre Aktivitätsgewohnheiten zu verbessern. Diese Programme können Hilfestellungen bei der Selbstkontrolle, dem Stressmanagement und der Bewältigung emotionaler Essauslöser bieten.
- Unterstützung durch Fachkräfte: Die Zusammenarbeit mit einem multidisziplinären Team von Gesundheitsfachkräften wie Ärzten, Ernährungswissenschaftlern, Psychologen und Physiotherapeuten kann Jugendlichen helfen, ihre Gewichtsziele zu erreichen. Diese Fachkräfte können individuelle Ernährungspläne erstellen, Bewegungsprogramme empfehlen und bei der Bewältigung psychologischer Herausforderungen unterstützen.
- In einigen Fällen kann die medikamentöse Therapie in Erwägung gezogen werden, um Jugendlichen bei der Gewichtsreduktion zu helfen. Es gibt bestimmte Medikamente, die zur Behandlung von Adipositas zugelassen sind, aber ihre Verwendung bei Jugendlichen erfordert eine sorgfältige Evaluation und Überwachung durch einen spezialisierten Arzt.
Die medizinische Forschung hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte im Verständnis der Erkrankung erzielt, dies hat zur Entwicklung von Medikamenten durch die Pharmaindustrie geführt, die das Sättigungsgefühl verstärken sowie den Appetit reduzieren und damit eine Gewichtsreduktion nachhaltig ermöglichen.
Auch das als Abnehmwundermittel titulierte chefarztpflichtige Medikament mit dem Handelsnamen Ozempic (Wirkstoff Semaglutid) hat das Potenzial invasive Behandlungsmethoden künftig ersetzen zu können.
Ozempic ist ein Medikament zur Behandlung von Typ-2-Diabetes, das auch zur Gewichtsreduktion eingesetzt werden kann. Es wirkt, indem es das Sättigungsgefühl erhöht und den Appetit reduziert. Es gibt einige Studien, die gezeigt haben, dass Ozempic bei Erwachsenen zu einer signifikanten Gewichtsabnahme führen kann. Es gibt jedoch noch keine spezifischen Studien, die die Wirksamkeit von Ozempic bei der Gewichtsabnahme bei Jugendlichen untersucht haben. (Stand: 06/2023)
- Adipositaschirurgie: Bei extrem schwerer Adipositas, die mit anderen Maßnahmen nicht erfolgreich behandelt werden kann und signifikante gesundheitliche Probleme verursacht, kann die Adipositaschirurgie eine Option sein. Adipositaschirurgie ist eine invasive Behandlungsmethode, die bei schwerer Adipositas eingesetzt wird, wenn andere Methoden zur Gewichtsreduktion nicht erfolgreich waren. Es gibt einige potenzielle Risiken und Komplikationen im Zusammenhang mit Adipositaschirurgie, die sorgfältig abgewogen werden müssen. Diese Option wird daher normalerweise nur bei Jugendlichen in Betracht gezogen, die das Erwachsenenalter erreicht haben und strenge Kriterien erfüllen.
Randomisiert-kontrollierte Studie: Adipositaschirurgie vs. konservative Behandlung
Schwere Adipositas bei Jugendlichen hat tiefgreifende Auswirkungen auf die aktuelle und zukünftige Gesundheit. Zur Eindämmung dieses Problems wird die metabolische und bariatrische Chirurgie (MBS) international zunehmend auch bei Jugendlichen eingesetzt. Eine aktuelle Studie aus Schweden hat nun die Veränderungen des BMI sowie sekundäre Gesundheits- und Sicherheitsergebnisse nach einer MBS bewertet.
Bei der Studie Adolescent Morbid Obesity Surgery 2 (AMOS2) handelte es sich um eine randomisierte, offene, multizentrische Studie, die an drei Universitätskliniken in Schweden (in Stockholm, Göteborg und Malmö) durchgeführt wurde. Jugendliche im Alter von 13 bis 16 Jahren mit einem BMI von mindestens 35 kg/m2, die seit mindestens 1 Jahr in Behandlung wegen Adipositas waren, wurden randomisiert (1:1) entweder einer MBS oder einer intensiven, nicht-chirurgischen Behandlung zugeteilt.
Eine Gruppe wurde einem MBS (hauptsächlich Magenbypass-Operationen) unterzogen, während die andere Gruppe eine intensive nicht-chirurgische Behandlung erhielt, beginnend mit einer 8-wöchigen kalorienarmen Diät. Der primäre Endpunkt war der BMI nach 2 Jahren.
Die Gewichtsänderungen der Gruppen unterschieden sich signifikant:
- Mittlere Differenz: -12,4 kg/m2
- 95 % Konfidenzintervall, KI: – 15,5 bis – 9,3
- p < 0,0001
Fünf (20 %) Patienten in der intensiven nicht-chirurgischen Gruppe ließen im 2. Jahr eine MBS durchführen.
Unerwünschte Ereignisse (n = 4) nach einer MBS waren mild, beinhalteten jedoch eine Cholezystektomie. Nach 2 Jahren wiesen die chirurgischen Patienten eine Verringerung der Knochenmineraldichte auf, bei den Teilnehmern der Kontrollgruppe wurde keine solche Veränderung beobachtet.
Es gab keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen in Bezug auf Vitamin- und Mineralstoffspiegel, gastrointestinale Symptome (außer weniger Reflux in der chirurgischen Gruppe) oder in Bezug auf die psychische Gesundheit beim 2-Jahres-Follow-up.
Adipositaschirurgie bei schwerer Adipositas sinnvoll
Die metabolische und bariatrische Chirurgie (MBS) zeigte sich in dieser Studie als eine wirksame und gut verträgliche Behandlung für Jugendliche mit schwerer Adipositas.
Während des Nachbeobachtungszeitraums von 2 Jahren kam es zu einem erheblichen Gewichtsverlust und zu Verbesserungen der metabolischen Gesundheit und der körperlichen Lebensqualität.
Laut der Studienautoren sollte demnach eine MBS bei Jugendlichen mit schwerer Adipositas in Betracht gezogen werden.
Die metabolische und bariatrische Chirurgie verfügt über eine Vielzahl von Methoden, die individuell für den jeweiligen Patienten ausgewählt werden können. Die häufigsten Methoden sind:
- Magenbypass: Bei dieser Methode wird der Magen verkleinert und ein Teil des Dünndarms umgangen, um die Nahrungsaufnahme und -verdauung zu reduzieren.
Sleeve-Gastrektomie: Hierbei wird ein großer Teil des Magens entfernt, um die Größe des Magens zu reduzieren und das Sättigungsgefühl zu erhöhen.
Biliopankreatische Diversion: Diese Methode kombiniert eine Verkleinerung des Magens mit einer Umleitung des Dünndarms, um die Nahrungsaufnahme und -verdauung weiter zu reduzieren.
Duodenal Switch: Ähnlich wie bei der biliopankreatischen Diversion wird hierbei ein Teil des Magens entfernt und der Dünndarm umgeleitet, um die Nahrungsaufnahme und -verdauung zu reduzieren.
Dabei ist natürlich zu beachten, dass jede Methode ihre eigenen Vor- und Nachteile hat und dass die Wahl der Methode von verschiedenen Faktoren abhängt, wie dem BMI des Patienten, seinen Komorbiditäten und seiner allgemeinen Gesundheit.
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Quellen:
¹ Adipositas und neue Therapiemethoden
² Metabolic and bariatric surgery versus intensive non-surgical treatment for adolescents with severe obesity (AMOS2): a multicentre, randomised, controlled trial in Sweden. (ärvholm K, Janson A, et al. in Lancet Child Adolesc Health. 2023 Apr;7(4):249-260.) PMID: 36848922
³ www.deutschesgesundheitsportal.de
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