Brustkrebs ohne Operation heilen?

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Es klingt fast zu schön um wahr zu sein, doch die Behandlung von Brustkrebs ohne Operation allein mittels Chemotherapie ist in bestimmten Fällen längst möglich.

Doch um den Nachweis erbringen zu können, dass tatsächlich keine Krebszellen mehr in der Brust vorhanden sind, muss eine pathologische Remission vorliegen.

Diese kann allerdings nur mittels Gewebeprobe im Rahmen einer Operation bestimmt werden. Frauen werden also oftmals operiert, nur um den Nachweis zu erbringen, dass sie geheilt sind. Eine unzufriedenstellende Situation, weshalb Wissenschaftler nun nach Alternativen forschen.

Immer häufiger erhalten Frauen mit Brustkrebs eine sogenannte neoadjuvante Chemotherapie. Neoadjuvant bedeutet, dass die Frauen bereits vor einer geplanten Operation zur Entfernung des Brusttumors eine Chemotherapie erhalten.

Ziel dieser Behandlung ist es, den Tumor vor der Operation zu verkleinern, sodass anschließend anstatt einer Mastektomie (Entfernung der Brust) eine brusterhaltende Operation möglich ist. Erfreulicherweise führt eine neoadjuvante Therapie in einigen Fällen zu einem vollständigen Rückgang der Tumorerkrankung.

Klinische und pathologische Remission

Der vollständige Rückgang der Tumorerkrankung, Komplettremission genannt, wird auf unterschiedlichem Wege bestimmt. Eine klinische Remission, sprich einen klinischen Krankheitsrückgang, bestimmen die Mediziner mithilfe von bildgebenden Verfahren wie Ultraschall oder Mammographie und körperlichen Untersuchungen wie Tastbefunden.

Wenn bei Frauen eine klinische Remission vorliegt, kann aber noch nicht mit endgültiger Sicherheit davon ausgegangen werden, dass tatsächlich keine Krebszellen mehr in der Brust vorhanden sind.

Um diese Sicherheit zu haben, muss auch eine sogenannte pathologische Remission vorliegen. Diese kann allerdings nur nach der Operation bestimmt werden. Bei der Operation wird eine Gewebeprobe entnommen und diese anschließend unter dem Mikroskop genau untersucht. Werden in der Probe keine Krebszellen mehr nachgewiesen, liegt eine pathologische Remission vor.

Vermeidbare Brust-OP?

Das Dilemma besteht nun darin, dass Frauen möglicherweise durch eine neoadjuvante Therapie bereits vom Krebs geheilt sind, sie aber dennoch operiert werden müssen, um eine pathologische Remission nachweisen zu können und damit sicher sein zu können, dass der Krebs bekämpft ist.

Zunehmend wird sowohl von betroffenen Patientinnen als auch von Ärzten die Forderung nach Möglichkeiten laut, die ohne Operation einen verlässlichen Nachweis über eine zur Komplettremission führende neoadjuvante Therapie ermöglichen.

Diesem Problem widmeten sich nun deutsche Wissenschaftler mit ausgewiesener Expertise auf dem Gebiet der Brustkrebsbehandlung. Sie beschrieben in ihrer in der Zeitschrift Geburtshilfe und Frauenheilkunde erschienenen Studie, dass insbesondere Frauen mit triple-negativem Brustkrebs und Frauen mit HER2-positivem Brustkrebs nach einer neoadjuvanten Therapie häufig eine pathologische Komplettremission aufweisen.

Frauen mit HER2-positivem Brustkrebs weisen als besonderes Merkmal viele Rezeptoren des sogenannten humanen epidermalen Wachstumsrezeptors HER2 (von engl. human epidermal growth factor receptor 2) auf ihren Krebszellen auf.

Bei Frauen mit triple-negativem Brustkrebs hingegen ist keiner der 3 für Brustkrebs spezifischen Rezeptoren (HER2 sowie die beiden Hormonrezeptoren) auf den Krebszellen vorhanden.

Die Wissenschaftler erläuterten in ihrer Studie weiterhin, dass es erste vielversprechende Ergebnisse gibt, dass eine pathologische Remission auch ohne Operation mit Hilfe einer minimalinvasiven (Eingriff, bei dem nur minimale Schnitte in den Körper des Patienten nötig sind) Biopsie unter Zuhilfenahme von bildgebenden Verfahren nachgewiesen werden kann. Die höchste Diagnosegenauigkeit im Vergleich zur Stanz- und Feinnadelbiopsie scheint die Vakuumbiopsie zu haben.

Studie

Eine derzeit dazu laufende Studie in Deutschland untersucht, ob diese Biopsien eine verlässliche Diagnose einer pathologischen Komplettremission erlauben und die Grundlage für weitere Studien zu einem möglichen Verzicht auf eine Operation sein könnten.

Die große prospektive Bestätigungsstudie, an der 23 deutsche Brustzentren teilnehmen, befindet sich in der Rekrutierungsphase: Bei 600 Mammakarzinom-Patientinnen soll mittels Vakuumbiopsie das Tumoransprechen auf die neoadjuvante Chemotherapie überprüft werden.

Alle werden nach der Chemo noch operiert, um die Zuverlässigkeit der Biopsie zu prüfen. Die Ergebnisse sollen Ende 2019 vorliegen. Bewährt sich die Methode, könnten ausgewählte Patientinnen in einer Folgestudie nur mit Chemotherapie behandelt werden.

Die Studie findet am Universitätsklinikum in Heidelberg statt – es werden noch Teilnehmerinnen gesucht (siehe Quellenangabe).

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Quellen:

¹ Diagnosis of pathological complete response to neoadjuvant chemotherapy in breast cancer by imaging and minimal invasive biopsies (Dr. Benedikt Schäfgen)
² Ist eine Operation der Brust bei Komplettremission nach neoadjuvanter Chemotherapie des Mammakarzinoms notwendig? (H. Richter, A. Hennings et al. in: Geburtshilfe Frauenheilkd. 2018; 78(01): 48-53 DOI: 10.1055/s-0043-124082)

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