Corona-Krise: Mehrheit der Österreicher durch die Pandemie gestresst

Politik & Forschung

Stress und psychische Probleme haben während der Corona-Krise deutlich zugenommen.

Stressfaktoren wie Isolation, Arbeitsplatzverlust und Sorgen um das eigene körperliche Wohlbefinden und die Gesundheit von Familienangehörigen zählen dabei zu den häufigsten Ursachen von Pandemie-bedingten Beschwerden.

Auffällig ist, dass die Pandemie vor allem Frauen und Jüngeren physisch und psychisch enorm zusetzt.

Das ergab jedenfalls die diesjährige Gesundheitsstudie im Auftrag einer großen österreichischen Versicherung.

Ein weiteres Ergebnis der repräsentativen Umfrage zeigt, dass gerade in der Altersgruppe von 16 bis 35 Jahren sich viele (dennoch) nicht impfen lassen wollen (19 Prozent) – insgesamt verweigern derzeit 16 Prozent der Österreicher die Impfung. [Stand: 10/21]

Wie die Coronapandemie die Psyche belastet

Die Corona-Krise stellt auch nach 18 Monaten einen deutlichen Belastungsfaktor für die österreichische Bevölkerung dar: Knapp 60 Prozent fühlen sich weiterhin ob der Pandemie belastet, darunter vor allem Frauen und die urbane Bevölkerung. Die Einschätzung der persönlichen Belastung korreliert außerdem deutlich mit der Einkommenssituation: Je geringer das Haushaltsnettoeinkommen ist, desto stärker wird die Belastung empfunden.

„Gerade Frauen haben es aufgrund häufiger bestehender Mehrfachbelastungen in der Corona-Krise schwieriger:

Zum Homeoffice oder der Beschäftigung in systemrelevanten Bereichen kommen oft Homeschooling, Haushalt, Pflegetätigkeiten oder andere Herausforderungen dazu – das wirkt sich langfristig zweifellos auf den Gesundheitszustand aus“, erläutert Doris Wendler, Vorstandsdirektorin der Wiener Städtischen Versicherung, die Ergebnisse der repräsentativen Online-Umfrage unter 1.000 Österreichern durch das Gallup Institut im Auftrag der Wiener Städtischen.

Eine Verschlechterung des körperlichen Gesundheitszustands in den vergangenen zwölf Monaten stellte rund ein Viertel der Befragten fest. Im mentalen Bereich ist das Ausmaß noch größer: 27 Prozent nehmen negative Auswirkungen in Zusammenhang mit dem mentalen Gesundheitszustand wahr, insbesondere die Altersgruppe 16 bis 35 Jahre.

Noch deutlicher zeigen sich die Auswirkungen der Corona-Krise bei Kindern: Mehr als die Hälfte der Personen mit minderjährigen Kindern im Haushalt sehen bei diesen eine (sehr) deutliche mentale Belastung aufgrund der Pandemie.

Wendler: „Das ist ein sehr hoher Wert, aber angesichts der aktuellen Situation nicht überraschend: Unsere Jüngsten müssen seit Beginn der Corona-Krise besonders viel schultern.“

Long-COVID betrifft über 60 Prozent

Müdigkeit, Kurzatmigkeit, Konzentrationsstörungen und psychische Belastungssymptome: Eine überstandene COVID-19-Erkrankung kann eine Vielzahl an wochen- oder monatelangen Folgebeschwerden nach sich ziehen.

61 Prozent leiden laut eigenen Angaben an sogenannten Long-COVID-Symptomen. Im Vordergrund stehen dabei Antriebslosigkeit, Schwäche und Atemnot. Ein weiterer Anteil beklagt zudem den anhaltenden Verlust des Geschmacks- und/oder des Geruchssinnes.

„Wie alle Schutzimpfungen ist die Impfung gegen das Coronavirus eine wichtige präventive Maßnahme. Der aktuelle Stand der Wissenschaft zeigt, dass eine vollständige Impfung die Wahrscheinlichkeit, an Long-COVID zu erkranken, deutlich minimiert“, betont Vorstandsdirektorin Wendler.

Ein Sechstel will sich nicht impfen lassen

Während rund zwei Drittel der Befragten bereits über einen vollständigen Impfschutz verfügen, zählen 16 Prozent zu den Impfskeptikern: Sie sind laut eigenen Angaben nicht gegen das Coronavirus geimpft und wollen sich auch nicht impfen lassen.

Das Potenzial ist in diesem Zusammenhang eher gering: Nur acht Prozent der Ungeimpften zeigten zum Zeitpunkt der Umfrage-Durchführung Impfbereitschaft. Weitere fünf Prozent können sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen.

Große Skepsis gegenüber der Impfung herrscht vor allem bei Frauen (20 Prozent) und unter Jüngeren im Alter von 16 bis 35 Jahren (19 Prozent) bzw. im Alter von 36 bis 55 Jahren (18 Prozent). Ein deutlicher Unterschied zeigt sich auch in Bezug auf das Einkommen:

Ein Viertel der aus einkommensschwächeren Haushalten (bis 1.500 Euro) stammenden Personen zählt zu den Impfskeptikern, bei zunehmender Einkommenshöhe sinkt deren Zahl auf die Hälfte (12 Prozent bei Einkommen ab 3.000 Euro).

Einkommen und Bildung als Determinanten der Impfbereitschaft

Überhaupt lehnen ältere Menschen mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten und niedrigem Ausbildungsniveau häufiger eine Impfung gegen Covid-19 ab als Personen mit gutem Einkommen und höherer Schulbildung.

Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls eine europaweite Befragung eines Münchner Forschungsteams von Menschen ab 50 Jahren:

Personen im unteren Viertel der Einkommensverteilung wollten sich häufiger nicht impfen lassen als die höheren Einkommensviertel. Dieses Ergebnis wurde gestützt, wenn die Menschen nach ihrer subjektiven Einschätzung gefragt wurden, wie schwer es für sie ist, „über die Runden zu kommen“.

Nahezu 30 Prozent der Personen, die angaben, nur mit großen Schwierigkeiten über die Runden zu kommen, waren unentschlossen oder lehnten die Impfung ab, während es bei denjenigen, die angaben, leicht über die Runden zu kommen, nur 7,8 Prozent waren. Dieses klare Muster zeigte sich in fast allen EU-Ländern.

In der Gruppe der Menschen mit niedrigerer Schulbildung lag der Anteil der Unentschlossenen und Impfverweigerer bei 14,7 Prozent, bei Menschen mit mittlerer Schulbildung betrug er 16,1 Prozent, bei Menschen mit höherer Schulbildung nur 9,2 Prozent.

Auch zwischen Berufsstatus und Impfbereitschaft gab es einen Zusammenhang. Der größte Unterschied wurde deutlich zwischen arbeitslosen Befragten, von denen 28,5 Prozent eine Impfung ablehnten oder noch unentschlossen waren, und Befragten im Ruhestand, von denen lediglich 11,5 Prozent einer Impfung gegenüber ablehnend oder unentschlossen waren.

Eine Erklärung kann hierfür allerdings der Alterseffekt sein, der ebenfalls eine Rolle spielte: Menschen zwischen 50 und 65 Jahren lehnten den Impfstoff eher ab als ältere Befragte – dies galt ebenso für nahezu alle EU-Länder.

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Quellen:

¹ Stresslevel und Sozialverhalten während der Pandemie (MedUni Wien)
² Bergmann, Michael; Hannemann, Tessa-Virginia; Bethmann, Arne; Schumacher, Alexander: Determinants of SARS-CoV-2 vaccinations in the 50+ population. MEA Discussion Paper 07-2021. (Die Publikation ist ein Working Paper, die ohne Peer-Review-Prozess Daten für die weitere Forschung zur Verfügung stellt.)
³ Corona-Impfung verbessert auch mentale Gesundheit (gesund.co.at)

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