Ist eine neoadjuvante Therapie (auch als „präoperative Therapie“ bezeichnet), also therapeutische Maßnahmen, wie Chemotherapie oder Strahlentherapie vor der eigentliche Hauptbehandlung, z.B. eine Operation, besser für die Lebensqualität der Patienten? Dieser Frage widtmete sich eine aktuelle Studie.
In der 3-Jahres-Nachuntersuchung der „RAPIDO“-Studie wurde der Einfluss einer totalen neoadjuvanten Therapie (TNT) bei Darmkrebs auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität, Darmfunktion und Spättoxizität untersucht. Gibt es signifikanten Unterschiede bei der gesundheitsbezogenen Lebensqualität?
Das lokal fortgeschrittene Rektalkarzinom wird in der Regel mit einer präoperativen Chemoradiotherapie gefolgt von der Operation und gegebenenfalls einer weiteren postoperativen Chemotherapie behandelt.
Die totale neoadjuvante Therapie (TNT) erhält zunehmend Aufmerksamkeit als Behandlungsoption. Hierbei erfolgt die zusätzliche Chemotherapie vor anstatt nach der Operation.
Totale neoadjuvanten Therapie (TNT)
Die totale neoadjuvante Therapie (TNT) bei Darmkrebs bezeichnet eine Behandlung, die vor der eigentliche Hauptbehandlung – zumeist einer Operation – durchgeführt wird, um den Tumor zu verkleinern oder zu stabilisieren.
Die TNT kann aus einer Strahlentherapie, einer Chemotherapie oder einer Kombination aus beidem bestehen.
Dieser Ansatz wird häufig bei Krebserkrankungen, einschließlich Darmkrebs, angewendet, um verschiedene Ziele zu erreichen:
Wann ist die TNT grundsätzlich eine Option?
Die TNT kann dazu beitragen, dass der Tumor – etwa bei Rektumkarzinomen im oberen Drittel – operativ besser entfernt werden kann und die Überlebenschancen erhöht werden.
Eine Neoadjuvanten Therapie kann bei Vorliegen von klinischen Risikofaktoren durchgeführt werden.
Randomisierte Studie „RAPIDO“ untersucht totale neoadjuvante Therapie (TNT)
In der randomisierten Studie „RAPIDO“ wurde die Wirksamkeit einer TNT mit der Standardbehandlung beim fortgeschrittenen Rektalkarzinom verglichen. Die TNT bestand hierbei aus einer neoadjuvanten Kurzzeit-Strahlentherapie gefolgt von Chemotherapie. Die Standardbehandlung sah die übliche neoadjuvante Radiochemotherapie (STD-) und gegebenenfalls eine weitere adjuvante Chemotherapie (STD+) vor.
Die TNT war in der Studie im Vergleich zu den Standardbehandlungen mit einer signifikanten Reduktion krankheitsbedingten Therapieversagens und mit einer Verdopplung der Vollremissionsrate assoziiert.
In einer nun analysierten Nachuntersuchung drei Jahre nach den Behandlungen wurde der Einfluss von TNT und STD auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität, Darmfunktion und Spättoxizität verglichen. Hierfür wurden ausgefüllte Fragebögen von 453 Studienteilnehmern einbezogen.
Keine signifikanten Unterschiede bei der gesundheitsbezogenen Lebensqualität
Die Analyse der Fragebögen ergab insgesamt keine signifikanten Unterschiede bezüglich der gesundheitsbezogenen Lebensqualität oder der Darmfunktion zwischen TNT und STD.
Eine Beeinträchtigung der Funktion des sensorischen Nervensystems trat bei TNT im Vergleich zur STD insgesamt signifikant häufiger auf, jedoch nicht im Vergleich zu STD+.
Spättoxizität trat bei beiden Behandlungsarten ähnlich häufig auf. Neurotoxizität des Grades 1 – 2 trat bei TNT und STD+ im Vergleich zu STD- signifikant häufiger auf.
Die Autoren schlussfolgerten, dass eine TNT beim lokal fortgeschrittenem Rektalkarzinom im Vergleich zur Standardbehandlung mit keiner Verschlechterung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität, Darmfunktion und Spättoxizität verbunden sei.
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Quelle:
– The RAPIDO trial: Quality of life and late toxicity after short-course radiotherapy followed by chemotherapy or chemoradiotherapy for locally advanced rectal cancer (E. Dijkstra et al. in Radiotherapy & Oncology; Volume 171, P69-76, June 2022) DOI: 10.1016/j.radonc.2022.04.013
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