Multiresistente Krankenhauskeime schneller entdecken

Multiresistente Krankenhauskeime schneller entdecken

Bakterien, die nicht mit Antibiotika bekämpft werden können – sogenannte multiresistente Krankenhauskeime (MRSA) – stellen ein immer größer werdendes Problem in der Medizin dar. Eine rasche Diagnostik ist ein wesentlicher Schritt, Patienten mit Infektionen durch resistente Bakterien schneller und gezielter behandeln zu können. Einem deutschen Forscherteam ist nun ein Durchbruch gelungen: ihr Verfahren ermöglicht es multiresistente Krankenhauskeime in nur 45 Minuten statt 72 Stunden zu erkennen.

Was sind Krankenhauskeime?

Als Krankenhauskeime bezeichnet man Bakterien, mit denen sich Patienten während eines stationären Aufenthalts oder einer ambulanten Behandlung im Krankenhaus anstecken. Zu den häufigsten Krankenhausinfektionen Atemwegs- und Harnwegsinfekte, Wundinfektionen oder Sepsis („Blutvergiftung“) nach Operationen auf.

Eine Sonderstellung nehmen die gefürchteten multiresistenten Keime wie MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) ein. Sie sind zwar nicht grundsätzlich aggressiver als andere Bakterienstämme, weil sie aber auf viele Antibiotikatherapien nicht mehr ansprechen, kann eine Infektion lebensbedrohlich werden.

Was bedeutet Multiresistente Keime?

Multiresistente Erreger (MRE) wird als Überbegriff für Bakterien verwendet, die unempfindlich sind gegenüber der Wirkweise der meisten Antibiotika. Diese Unempfindlichkeit ist eine biologische Eigenschaft, die im Erbgut vieler Bakterienstämme festgelegt ist und bei ihrer Vermehrung weitergegeben wird.

Bakterien verfügen von Natur aus über die Fähigkeit, sich gegen andere Mikroorganismen zu schützen (sie sind also dagegen resistent). Diese Widerstandskraft verdanken sie bestimmten Genen ihres Erbguts, die durch natürliche Mutationen entstehen. Zusätzlich können Bakterien Gene aber auch an andere Bakterien weitergeben und von diesen aufnehmen. Wenn bei diesem Austausch mehrere Resistenz-Gene in ein Bakterium „einwandern“, können diese Erreger schließlich mehreren Antibiotika widerstehen – sie werden zu multiresistenten Erregern (MRE).

Begriffliche Verwirrung für Laien: RSA, MRE, VRE, ESBL …

Innerhalb der Gruppe der multiresistenten Keime gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Erreger. Eine der bedeutensten sind die bereits erwähnten Bakterien MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus). Neben MRSA sind vor allem die sogenannten MRGN in den letzten Jahren in den Focus gerückt. Bei Multiresistente gramnegative Erreger hier können sich alle gramnegativen Erreger mit beschriebener Resistenz finden. Für die Definition werden 4 Antibiotikaklassen betrachtet und die Resistenz gegen Vertreter der Klassen „gezählt“: z.B. bedeutet 3MRGN, dass die Keeime resistent gegen 3 der 4 Antibiotikaklassen sind.

Weitere Erreger sind Glycopeptid-resistenten Enterokokken (GRE) und Vancomycin-resistenten Enterokokken (VRE) und den Extended- Spectrum Beta-Lactamase produzierenden gramnegativen Erregern (ESBL). Viele dieser Stämme besitzen neben ihrer Resistenz gegen alle Betalaktam-Antibiotika auch Resistenzen gegen Aminoglykoside, Gyrasehemmer und andere Antibiotika. Bei allen sind deutliche Anstiege zu verzeichnen.

Nicht jeder Mensch, der die Erreger in oder auf sich trägt, erkrankt automatisch. Mediziner bezeichnen solche Patienten als „asymptomatische Keimträger“. Sie können anderen dennoch gefährlich werden – wenn sie etwa nach einer Infektion mit E.coli-Bakterien den Erreger unbemerkt weiter ausscheiden und so die Krankheit unwissentlich verbreiten.

Wie und warum entstehen Resistenzen?

Je häufiger Antibiotika eingenommen werden, desto besser können Bakterien sich an die Wirkstoffe anpassen und Resistenzen gegen bestimmte Antibiotikaklassen entwickeln. Es ist durch Studien belegt, dass Patienten zu häufig und unnötig Antibiotika einnehmen. Zahlreiche Infektiologen sehen in unsachgemäßen Verordnungen und Fehlern bei der Einname der Medikamente einen wesentliche Ursache dafür, dass Resistenzen entstehen.

Ein zweiter wesentlicher Faktor für die Entstehung und Verbreitung Multiresistenter Keime ist zweifellos die Aufzuchtspraxis in der modernen Massentierhaltung. Die Tiere erhalten Antibiotika, um Infektionen zu behandeln – und geben sie über den Verzehr an Menschen weiter. Studien haben ergeben, dass ein Schwein innerhalb seiner ungefähr 115-tägigen Mast an durchschnittlich vier Tagen Antibiotika erhält, ein Huhn mit einer durchschnittlichen Mastdauer von 39 Tagen sogar an zehn Tagen. Auch so entstehen Keime, die auf Antibiotika nicht mehr ansprechen.

Schnelle Diagnostik von multiresistenten Keimen

Multiresistente Keime lassen sich nur bekämpfen, wenn sie entdeckt werden. Je schneller, desto besser – darum spielt die labormedizinische Diagnostik eine wesentliche Rolle im Kampf gegen Multiresistenzen.

Ein wissenschaftlicher Durchbruch ist jetzt einem Forscherteam der Medizinischen Fakultät/Uniklinik Köln in Kooperation mit dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) gelungen: Mit einem neuartigen Verfahren konnten die Wissenschaftler so genannte Carbapenem-resistente Bakterien innerhalb von 20 bis 45 Minuten aus Blutkulturen mit einer 100-prozentigen Sicherheit nachweisen. Aktuelle Testverfahren dauern noch bis zu 72 Stunden.

Multiresistente Krankenhauskeime in 45 Minuten erkennen

Um diese Erreger im Blutstrom nachzuweisen, werden bis dato Methoden angewandt, die 16 bis 72 Stunden zum Nachweis der Antibiotikaresistenz beanspruchen. Doch gerade bei Patienten mit Blutstrominfektionen, die durch gram-negative Enterobakterien verursacht werden, nehmen Antibiotikaresistenzen zu – auch gegen Reserveantibiotika der Gruppe Carbapeneme. Die Antibiotika-Therapie bleibt in diesen Fällen unwirksam, die Sterblichkeit ist hoch.

Mittels der deutlich beschleunigten Diagnostik der deutschen Forscher ist es gelungen, multiresistente Krankenhauskeime in nur 45 Minuten statt 72 Stunden zu erkennen. Diese beschleunigte Diagnostik ist ein wesentlicher Schritt, Patienten mit Infektionen durch resistente Bakterien schneller und gezielter behandeln zu können sowie die Ausbreitung der Erreger einzudämmen. Das neu entwickelte Verfahren ist schnell, einfach anzuwenden und mit circa zehn Euro pro Test kostengünstig. Zudem kann die Untersuchung in jedem klinisch-mikrobiologischen Labor durchgeführt werden.

„Wir sind mit diesem Verfahren unserem Ziel, mit multiresistenten Enterobakterien infizierte Patienten so schnell wie möglich helfen zu können, einen Riesenschritt näher gekommen“, so Erstautor und DZIF-Professor Axel Hamprecht vom Institut für medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene am Universitätsklinikum Köln. „Bei derartig aggressiven Erregern zählt jede Minute, um eine gezielte Therapie zu starten. Jetzt müssen sich Folgestudien anschließen, um unsere Erkenntnisse so schnell wie möglich in die klinische Praxis zu überführen.“

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Quelle:

Rapid detection of NDM, KPC and OXA-48 carbapenemases directly from positive blood cultures using a new multiplex immunochromatographic assay. (Hamprecht A, Vehreschild JJ, Seifert H, Saleh A.; 2018) in PLOS ONE 13(9): e0204157

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