Neue Metastudie: Frühzeitige Therapien schützen vor Depressionen

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Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen weltweit und können das Leben der Betroffenen massiv beeinträchtigen.

Eine neue Metastudie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus München und Magdeburg verdeutlicht, wie wichtig es ist, schon bei den ersten Anzeichen einer Depression aktiv zu werden.

Frühzeitige Therapien schützen vor Depressionen: Neue Metastudie zeigt die Bedeutung präventiver Maßnahmen

Die Ergebnisse zeigen, dass frühzeitige therapeutische Interventionen das Risiko, an einer depressiven Störung zu erkranken, erheblich senken können.

Dies bietet Hoffnung und Perspektiven für Betroffene, Angehörige und Fachleute im Gesundheitswesen.

Frühes Handeln zahlt sich aus

Die Studie analysierte die Daten von über 3600 Menschen, die in zwei Gruppen unterteilt wurden: eine Behandlungsgruppe, die an präventiven Maßnahmen teilnahm, und eine Kontrollgruppe, die keine solche Unterstützung erhielt.

Das Ergebnis ist beeindruckend: In den ersten sechs Monaten nach einer Intervention war das Risiko, an einer depressiven Störung zu erkranken, in der Behandlungsgruppe um 42 Prozent geringer als in der Kontrollgruppe.

Auch nach einem Jahr zeigte sich ein positiver Effekt – das Risiko war um ein Drittel reduziert.

„Unsere Ergebnisse belegen, dass frühzeitige Hilfe bei ersten Anzeichen einer Depression entscheidend sein kann“, erklärt David Ebert, Professor für Psychology und Digital Mental Health Care an der Technischen Universität München. „Die Prävention kann dazu beitragen, eine depressive Störung von vornherein zu verhindern.“

Was sind subklinische Symptome?

Oft beginnt eine Depression schleichend. Subklinische Symptome wie Antriebslosigkeit, Schlafprobleme, Interessenverlust oder anhaltende Traurigkeit sind erste Warnzeichen, die darauf hinweisen können, dass sich eine depressive Störung entwickeln könnte.

Allerdings erfüllen diese Symptome noch nicht die diagnostischen Kriterien für eine Depression, weshalb Betroffene oft keine therapeutische Unterstützung suchen oder erhalten.

„Die gängige Praxis sieht vor, dass eine Behandlung erst beginnt, wenn eine klinisch manifeste Depression diagnostiziert wird“, sagt Ebert.

„Das ist jedoch häufig zu spät. Unser Ziel war es herauszufinden, ob frühzeitige therapeutische Angebote Menschen helfen können, gar nicht erst in eine voll ausgeprägte Depression zu geraten.“

Vielfältige Ansätze in der Prävention

Die präventiven Maßnahmen, die in der Metastudie untersucht wurden, umfassten in der Regel zwischen sechs und zwölf Sitzungen.

Diese konnten persönlich oder digital durchgeführt werden und beinhalteten verhaltenstherapeutische Ansätze, Problemlösungstechniken oder Übungen zur Verbesserung des Schlafs.

Die individuell angepassten Interventionen zielten darauf ab, den Betroffenen Werkzeuge an die Hand zu geben, um mit den ersten Anzeichen von Depressionen besser umzugehen.

Claudia Buntrock, Juniorprofessorin am Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, erklärt: „Es handelt sich um kurze, gezielte Programme, die nicht nur effektiv, sondern auch flexibel umsetzbar sind. Besonders digitale Angebote eröffnen hier neue Möglichkeiten.“

Erfolg unabhängig von Alter, Bildung und Geschlecht

Ein bemerkenswertes Ergebnis der Studie ist, dass die Wirksamkeit der Maßnahmen nicht von soziodemografischen Faktoren wie Alter, Bildung oder Geschlecht beeinflusst wurde. Unabhängig von diesen Merkmalen konnten die Interventionen das Risiko einer Depression deutlich senken.

Besonders erfolgreich waren die Maßnahmen bei Menschen, die bisher noch nicht wegen Depressionen behandelt worden waren.

„Unsere Forschung zeigt, dass Prävention ein Schlüssel zur Verbesserung der psychischen Gesundheit sein kann“, betont Buntrock. Allerdings sei es wichtig, weitere Studien durchzuführen, um genauer zu bestimmen, bei welchen Symptomen präventive Maßnahmen am effektivsten sind.

Ein Umdenken in der Versorgung ist notwendig

Trotz der positiven Ergebnisse steht die Umsetzung präventiver Maßnahmen vor Herausforderungen. „Der Bedarf an Therapieplätzen übersteigt derzeit vielerorts das Angebot.

Das erschwert es, Präventionsangebote flächendeckend einzuführen“, räumt Ebert ein.

Dennoch sind präventive Konzepte vielversprechend, insbesondere wenn digitale Formate genutzt werden. Diese könnten niedrigschwellig und kosteneffizient einer großen Zahl von Menschen zugutekommen.

Ein entscheidender Vorteil der Prävention liegt darin, dass sie Betroffenen mit leichten Symptomen hilft, eine Verschlimmerung zu vermeiden. Durch rechtzeitige Unterstützung können langfristige Belastungen verhindert werden – sowohl für die Betroffenen als auch für das Gesundheitssystem.

Ausblick: Prävention als Teil der Standardversorgung

Die Autorinnen und Autoren der Studie fordern, Präventionsmaßnahmen stärker in die reguläre Betreuung von Betroffenen zu integrieren. Dies erfordert nicht nur ein Umdenken in der Gesundheitsversorgung, sondern auch zusätzliche Forschung. Insbesondere muss geklärt werden, ab welchem Schweregrad der Symptome präventive Maßnahmen sinnvoll sind.

Die Metastudie bietet hierfür eine solide Grundlage: Sie hat Daten aus 30 internationalen Studien zusammengeführt und umfassend analysiert. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse im renommierten Fachmagazin *The Lancet Psychiatry*.

Erste Schritte bei Verdacht auf eine Depression

Wenn Sie bei sich oder einem Angehörigen Anzeichen von Antriebslosigkeit, Schlafproblemen, Interessenverlust oder anhaltender Traurigkeit bemerken, ist schnelles Handeln entscheidend.

Wenden Sie sich zunächst an Ihre Hausärztin oder Ihren Hausarzt, um eine erste Einschätzung zu erhalten. Diese können Sie an eine Fachärztin, einen Facharzt für Psychiatrie oder Psychotherapie verweisen.

Alternativ können Sie direkt Kontakt zu einer psychologischen Beratungsstelle oder Therapeutinnen und Therapeuten aufnehmen.

Bereiten Sie sich auf das Gespräch vor, indem Sie konkrete Fragen stellen, wie:

– Welche Therapiemöglichkeiten gibt es für mich?
– Können präventive Maßnahmen für mich sinnvoll sein?
– Gibt es digitale oder kurzfristige Angebote, die ich nutzen kann?
– Wie kann ich akute Belastungen bis zum Beginn der Therapie besser bewältigen?

Scheuen Sie sich nicht, Unterstützung zu suchen. Frühzeitige Maßnahmen können den Verlauf entscheidend beeinflussen und helfen, das Risiko einer Depression zu minimieren.

Fazit: Hoffnung durch Prävention

Die Ergebnisse der Metastudie machen deutlich, dass Prävention bei Depressionen keine Zukunftsvision, sondern eine realistische und wirksame Option ist. Frühzeitige therapeutische Interventionen können vielen Menschen helfen, den Teufelskreis aus negativen Gefühlen und belastenden Symptomen zu durchbrechen, bevor eine depressive Störung entsteht.

Für Betroffene, Angehörige und das Gesundheitssystem bietet dies eine wichtige Perspektive: Durch präventive Ansätze kann nicht nur das individuelle Leid reduziert, sondern auch die Versorgungskapazität effektiver genutzt werden.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hoffen, dass ihre Arbeit zu einem Umdenken in der psychischen Gesundheitsversorgung beiträgt – und letztlich dazu, dass weniger Menschen unter den schweren Folgen einer Depression leiden müssen.

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Quellen:

¹ Psychological interventions to prevent the onset of major depression in adults: a systematic review and individual participant data meta-analysis. (C. Buntrock, D.D. Ebert et al. in The Lancet Psychiatry (2024). DOI: 10.1016/S2215-0366(24)00316-X
² The efficacy of self-guided internet and mobile-based interventions for preventing anxiety and depression—a systematic review and meta-analysis (Edge, D ∙ Watkins, ER ∙ Limond, J ∙ et al. in Behav Res Ther. 2023; 164, 104292) DOI: https://doi.org/10.1016/j.brat.2023.104292

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