Mit zunehmendem Alter ändern sich die Schlafdauer, die Dauer der Schlafphasen und das Einschlafverhalten, das sind normale biologische Vorgänge.
Doch welche Auswirkungen hat das auf den Organismus? Was geschieht, wenn der Schlafbedarf bei Menschen über 60 Jahren auf im Durchschnitt 6,5 h sinkt? Dies hat ein Forscherteam in Frankreich nun untersucht mit dem Ziel, eventuelle Zusammenhänge zwischen abnehmender Denkleistung und dem Schlaf-Wach-Rhythmus zu ermitteln.
Schlafstörungen in fortgeschrittenem Alter sind häufig und werden oft als normale Begleiterscheinung des Alterungsprozesses angesehen. Jedoch kann gestörter Schlaf bei jüngeren Menschen auf Dauer verschiedenste Erkrankungen auslösen oder deren Verlauf negativ beeinflussen.
Ebenso gehört die Schlaf-Wach-Rhythmik auch mit zu den deutlichsten Anzeichen verschiedener Erkrankungen. Selbst beim Gesunden wirkt sich ein gestörtes Schlafverhalten nachhaltig auf so unterschiedliche Elemente wie das Wohlbefinden, das Essverhalten und verschiedenste Denkleistungen wie dem Gedächtnis aus.
Man sollte daher womöglich auch bei älteren Menschen das Schlafverhalten als ein mögliches Symptom oder einen potentiell verstärkenden Faktor für Erkrankungen in Betracht ziehen.
Schlafstudie aus Frankreich
Dr. Gabelle vom Gedächtnis-Forschungszentrum des CHU Montpellier in Frankreich untersuchte nun mit ihren Kollegen das Schlafverhalten von älteren Menschen mit dem Ziel, eventuelle Zusammenhänge zwischen abnehmender Denkleistung und dem Schlaf-Wach-Rhythmus zu ermitteln.
Dazu wurden mindestens 70 Jahre alte, eher gebrechliche Teilnehmer mit erhöhtem Risiko für die Entwicklung einer Demenz aus einer Studie zur Alzheimerprävention (multi-domain Alzheimer preventive trial, MAPT) rekrutiert.
Zum Nachsorgetermin der MAPT-Studie nach 18 Monaten wurde das Schlafverhalten der Teilnehmer überprüft. Dazu wurden im klinischen Interview anhand mehrerer Elemente eventuelle Schlaf-Wach-Störungen evaluiert: Dauer des Tag- und Nachtschlafs, im Bett verbrachte Zeit, Anzahl der kurzen Nickerchen, und ob bereits klinisch definierte Schlafstörungen vorlagen.
Zusätzlich füllten die Teilnehmer verschiedene Fragebögen aus: zur Schläfrigkeit am Tag (Epworth sleepiness scale for excessive daytime sleepiness, EDS), der Stärke einer eventuellen Schlaflosigkeit (insomnia severity scale) und den Berliner Fragebogen zu Schlaf und Atmung (Stichwort Schlafapnoe).
Auch wurde die Denkleistung der Teilnehmer bzw. deren Abnehmen im Verlauf der Studie untersucht. Dazu wurde die Differenz zwischen Ergebnissen eines Tests für Anzeichen leichter Beeinträchtigungen der Denkleistung (Mini-Mental-Status-Test, MMST) und weiterer zusammengefasster Kennzahlen für Denkfähigkeiten (kognitive Leistungen in verschiedenen Tests) in den Monaten 24 und 36 der Studie im Vergleich zu den üblichen Werten in dieser Altersgruppe genommen.
Der zusammengefasste Kennzahlenwert wurde erstellt, da der MMST-Wert zwar klinisch häufig angewendet wird, aber frühe Anzeichen für einen Abbau der Denkleistung nicht ausreichend gut erfassen könnte.
Abbau der Denkleistung bei zu wenig Schlaf?
Von den 479 Teilnehmern zeigten 63 nach dem MMST-Wert Abbau in der Denkleistung. 50 der Teilnehmer zeigten abnehmende Werte in den zusammengefassten Kennzahlen für kognitive Leistungen. Ältere Menschen mit starker Tagesschläfrigkeit zeigten dabei ein größeres Risiko, mit der Zeit schlechtere MMST-Werte zu erreichen, also in der Denkleistung nachzulassen (Quotenverhältnis = 2,46, p = 0,007). Je mehr Zeit die Teilnehmer nachts im Bett verbrachten, desto stärker fiel auch der zusammengefasste Kennzahlenwert ab (Quotenverhältnis = 1,32, p = 0,03).
Diese Zusammenhänge blieben selbst dann erhalten, wenn die Forscher mögliche alternative Erklärungen ausschlossen. Teilnehmer mit abnehmenden Denkleistungen hielten mehr Nickerchen, zeigten klinisch relevante Schlafstörungen (z.B. sehr unruhiger Schlaf), und hatten häufiger weitere Symptome wie Erschöpfungszustände oder Schlaflosigkeit.
Patienten, deren zusammengefasster Kennzahlenwert abfiel, verbrachten mehr Zeit im Bett, schliefen über den Tag hinweg länger und erwachten später als zu Beginn der Untersuchung.
Fazit
Diese Ergebnisse deuten auf die Möglichkeit, den Abbau von Denkleistungen bei ältere Menschen schon am Schlafverhalten erkennen zu können. Eine Früherkennung von Schlaf-Wach-Störungen könnte dabei helfen, Risikopatienten früher zu identifizieren und einen gesunden Schlaf zu fördern. Eventuell könnte damit einem späterem Abbau von Denkleistungen vorgebeugt werden.
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Quellen:
¹ Erhöhter Schlafbedarf im Alter – Abbau der Denkleistung (beilit.de)
² Originalstudie: The MAPT-Sleep Study (Front. Aging Neurosci., 28. Sept. 2017)
³ Patientenratgeber: Schlaf im Alter (Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung)
Linktipps:
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