Nuklearmedizin: vielversprechende Diagnose und Therapie gegen Prostatakarzinom

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Schritt für Schritt erweitern sich die Einsatzgebiete der Nuklearmedizin. Nach der Schilddrüsendiagnostik nun auch Onkologie, Kardiologie & Neurologie.

Mit der PSMA-Radioliganden-Therapie bietet die Nuklearmedizin ein vielversprechendes, nicht invasives Verfahren zur Diagnostik und Behandlung beim Prostatakarzinom an.

Das Prostatakarzinom ist eine bösartige Tumorerkrankung der Vorsteherdrüse, die typischerweise bei älteren Männern auftritt. Es ist die häufigste Krebserkrankung beim Mann.

Bis zu 50 % der Patienten im Endstadium und 80 % der Patienten, bei denen eine andere Ersttherapie erfolglos war, sprechen gut darauf an.

Zukünftig will man nach dem gleichen „theranostischen“ Prinzip, also der Kombination von Diagnostik und Therapie auf Basis der gleichen Substanzen, auch andere Krebsarten behandeln, die derzeit schwer therapierbar sind.

Prostatakarzinom

Jährlich erkranken 6.000 Österreicher am Prostatakarzinom. Das ist ein Viertel der Krebsdiagnosen beim Mann. „Ganz besonders betroffen sind Männer ab 65 Jahren – hier kommt es bei zwei Drittel zu einer Veränderung der Prostata, die – je nach Art der Veränderung – kontinuierlich beobachtet oder eben gegebenenfalls behandelt werden muss“, so Priv.-Doz. Dr. Wolfgang Wadsak, Vorstandsmitglied der European
Association of Nuclear Medicine (EANM), Associate Professor an der MedUni Wien und Geschäftsfeldleiter der CBmed GmbH– Center for Biomarker Research in Medicine.

Bisher standen für die Diagnostik neben der rektalen Untersuchung klassische Bildgebungsverfahren wie der transrektale Ultraschall (TRUS), aboruntersuchungen (Blutproben) und Biopsien zur Verfügung.

Mit ihrer Hilfe konnte die Vergrößerung an sich, der Eiweißwert des Prostataspezifischen Antigens (PSA) gemessen und das entnommene Gewebe analysiert werden.

Auch die kontrastmittelverstärkte Ultraschalldiagnostik, die Ultraschall-Elastographie, das Histo-Scanning und die diffusions-gewichtete Magnetresonanztomographie (MRT) können zur Diagnose des Prostatakarzinoms eingesetzt werden.

Mit der Anwendung von PSMA-Liganden bietet nun die Nuklearmedizin eine ganz neue und nicht invasive Möglichkeit sowohl für die Diagnostik als auch für die zielgerichtete Therapie an.

Eine Gewebeprobe, die unter einer kurzen Narkose entnommen wird, ist notwendig, um Prostatakrebs definitiv zu diagnostizieren.

Die Wahl der Behandlung hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel dem Alter des Patienten, dem Stadium des Tumors und dem allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten. Mögliche Behandlungen sind die operative Entfernung der Prostata, die Strahlentherapie, die Hormontherapie und die sogenannte aktive Überwachung.

PSMA-Liganden als „Spürhund“ des Prostatakarzinoms

PSMA steht für das Prostata-spezifische Membran-Antigen, ein bestimmtes Merkmal von tumorös entarteten Zellen der Prostata an deren Oberfläche.

Die PSMA-Radioliganden-Therapie kann also zur Diagnostik von Prostatakarzinomen eingesetzt werden. Dabei wird ein radioaktiv markiertes PSMA-Molekül intravenös verabreicht und durch eine Positronen-Emissions-Tomographie (PET) sichtbar gemacht.

Bestimmte radioaktive Moleküle – sogenannte Radioliganden – werden wie ein „Spürhund“ in den Körper geschickt und zeigen ohne große Intervention an, wo sich wie viele Tumorzellen im Körper bei der Prostata und den nächstliegenden Lymphknoten, sowie gegebenenfalls auch bei Fernmetastasen befinden.

Die PET-Untersuchung kann dabei helfen, das Stadium des Tumors zu bestimmen und Metastasen zu erkennen.

Formen der Anwendung:

Verabreichung des radioaktiv markierten PSMA-Moleküls: Das radioaktiv markierte PSMA-Molekül wird intravenös verabreicht. Es bindet an das Prostata-spezifische Membranantigen (PSMA), das auf den Krebszellen der Prostatakarzinome überexprimiert wird.

Positronen-Emissions-Tomographie (PET): Nach der Verabreichung des PSMA-Moleküls wird eine PET-Untersuchung durchgeführt. Die PET-Untersuchung ermöglicht die Erfassung der radioaktiven Signale, die vom markierten PSMA-Molekül abgegeben werden. Dadurch können die Tumorausdehnung und das Vorhandensein von Metastasen genau dargestellt werden.

Präzise Darstellung der Tumorausdehnung: Die PSMA-PET/CT (Computertomographie) bietet eine präzise Darstellung der Tumorausdehnung. Sie ermöglicht eine genaue Lokalisierung des Tumors und hilft den Ärzten, die Ausbreitung des Prostatakarzinoms zu beurteilen.

Feststellung des Stellenwerts in der Diagnostik: Die PSMA-PET/CT hat einen festen Stellenwert in der Diagnostik von Prostatakarzinomen. Sie liefert wichtige Informationen für die Behandlungsplanung und kann dazu beitragen, die richtige Therapieentscheidung zu treffen.

PSMA-Liganden-Therapie gegen Prostatakarzinom

Die PSMA-Radioliganden-Therapie ist eine nuklearmedizinische Therapie, die aber auch bei der Behandlung von Prostatakarzinomen eingesetzt wird. Dabei wird ein Radiopharmakon, das an das Prostata-spezifische Membranantigen (PSMA) bindet, intravenös verabreicht. Das Radiopharmakon reichert sich in den Krebszellen an und gibt dabei Strahlung ab, die die Krebszellen zerstört.

„Verwenden wir bei der reinen Diagnostik Medikamente mit Gammastrahlen, die den Krebs nur kurz markieren und innerhalb weniger Stunden völlig abgebaut werden, statten wir den „Spürhund“ bei der Therapie mit einer lokalen Bombe aus. Das sind dann Beta- oder Alpha-Strahler, die mehrere Tage und Wochen lokal an der Krebsstelle im Körper bleiben und genau dort durch den natürlichen Zerfallsprozess den Tumor samt seiner DNA
zerstören“, erklärt der Radiochemiker.

Die PSMA-Radioliganden-Therapie kann bei Patienten eingesetzt werden, bei denen eine konventionelle Therapie wie die Strahlentherapie oder die Hormontherapie nicht mehr wirksam ist oder bei denen sich bereits Metastasen gebildet haben. Sie zeigt bis zu 50% Wirkung bei Einsatz im Endstadium.

Die PSMA-Liganden-Therapie ist sehr vielversprechend. Derzeit ist das Präparat Pluvicto bei der Behandlung vom Prostatakrebs zugelassen, wenn alle anderen Therapieverfahren ausgeschöpft sind.

„In diesem späten Stadium sprechen bis zu 50 % der Patienten auf die Therapie an. Wir schaffen für diese Menschen eine Verlangsamung bzw. Stabilisierung der Krankheit und verbessern ihre Lebensqualität enorm. Ich habe Patienten erlebt, die aufgrund der Metastasen bei der ersten Behandlung noch mit dem Rollstuhl kommen, bei der zweiten Behandlung den Gehstock benutzen und bei der dritten Behandlung schon ohne weitere Hilfe gehen können“, schildert Wadsak.

Eine Heilung ist in einem so späten Stadium in der Regel nicht möglich, aber die Lebenserwartung kann um einige Monate verlängert werden und das bei einer deutlich gesteigerten Lebensqualität.

Die PSMA-Radioliganden-Therapie bietet somit sowohl diagnostische als auch therapeutische Vorteile bei der Behandlung von Prostatakarzinomen. Sie ermöglicht eine präzise Darstellung der Tumorausdehnung und kann bei fortgeschrittenen Fällen eingesetzt werden, in denen konventionelle Therapien nicht mehr wirksam sind oder Metastasen vorhanden sind

Nuklearmedizin – Medikamente ohne große Nebenwirkungen

„Haben wir in den 1940er Jahren mit der Schilddrüsendiagnostik begonnen, hat sich die Nuklearmedizin durch neue große Einsatzgebiete wie der Onkologie, Kardiologie und Neurologie in den letzten Jahren von einer Nischendisziplin zu einem sehr gefragten Service-Provider für die Medizin entwickelt. Unser USP ist, dass wir mit ganz geringen Mengen an radioaktiven Substanzen Prozesse im Körper zielgerichtet sichtbar machen können – und das vor allem bei jenen Körperregionen, die sonst nur schwer zugänglich sind. Das macht uns zu einem wesentlichen Partner in der Diagnostik und Therapie. Ganz besonders sieht man das heute in der Behandlung des Prostatakarzinoms“, so Wadsak.

Großer Vorteil all dieser nuklearmedizinischen Medikamente ist, dass sie sehr lokal beim Tumor wirken, keine Radioaktivität an die Umgebung abgeben, großteils ambulant durchgeführt werden können und für den Patienten selbst kaum spürbare Nebenwirkungen haben.

„Wir arbeiten hier im diagnostischen Bereich mit sehr geringen radioaktiven Mengen, die eine Dosis von ca. 3 bis 5 Millisievert zur Folge haben. Jeder Mensch, der in einer größeren Stadt wie beispielsweise Wien lebt, ist durch Atmosphäre, Boden und Essen schon natürlich einer jährlichen Dosis von ca. 2 Millisievert ausgesetzt. Sprich die Belastung für den Körper bei der nuklearmedizinischen Diagnostik – ob nun PSMA-Liganden oder zukünftig die FAP-Liganden – entspricht der Strahlenbelastung von nur 2 Jahre Stadtleben und bewirkt gleichzeitig Großartiges für die Strategie zur Bekämpfung der Krebserkrankung“, erklärt Wadsak.

Bei der nachfolgenden nuklearmedizinischen Therapie selbst kommt es nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung klarerweise zur lokalen Anwendung weit höherer Dosen, da nur so eine nachhaltige Schädigung der Krebszellen erreicht werden kann.

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Quellen:

– Die European Association of Nuclear Medicine (EANM; die größte Organisation und Dachorganisation für Nuklearmedizin in Europa. Ihr Hauptsitz ist in Wien.)
Radioligandentherapie: Die Ultima Ratio beim Prostatakrebs (Deutsches Ärzteblatt; 2017; 114(44): A-2036 / B-1718 / C-1683)
Diagnostik des Prostatakarzinoms (Uniklinik Köln)

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