Patientensicherheit im Fokus

Politik & Forschung

4,1 Millionen Menschen erkranken in Europa an sogenannten Spitalsinfektionen, also Infektionen, die im Rahmen eines Krankenhausaufenthalts entstanden sind.

In etwa 37.000 Fällen ist der Verlauf tödlich. Experten schätzen, dass sich 20 bis 30 Prozent dieser Infektionen durch intensive Hygiene- und Kontrollmaßnahmen verhindern ließen. Doch obwohl im Bereich Patientensicherheit in den letzten Jahren einiges geschehen ist, fehle es laut Plattform Patientensicherheit nach wie vor an ausreichendem Bewusstsein für umfassende Hygiene- und Kontrollmaßnahmen.

Um mehr Aufmerksamkeit für genau dieses Problem zu schaffen, haben sich nun Gesundheitseinrichtungen in Österreich, Deutschland und der Schweiz zusammengetan und organisieren den internationalen Tag der Patientensicherheit.

Eine verbesserte medizinische Versorgung durch mehr Sicherheit für die Patienten ist das Hauptanliegen der Österreichischen Plattform Patientensicherheit. Zur Schaffung entsprechender Awareness im deutschsprachigen Raum wurde daher auf Initiative der Plattform Patientensicherheit (A), gemeinsam mit dem Aktionsbündnis Patientensicherheit (D) und der Stiftung für Patientensicherheit (CH), der 1. Internationale Tag der Patientensicherheit ausgerufen. Dieser findet erstmals am 17. September 2015 statt und fasst unterschiedliche Maßnahmen in Gesundheitseinrichtungen in Österreich, Deutschland und der Schweiz zusammen.

In einem Spital trifft täglich eine Vielzahl an Menschen aufeinander. Das Klinikpersonal begegnet Krankheiten und Gebrechen mit immer komplexeren medizinischen und pflegerischen Abläufen – dennoch kann das Risiko einer unerwünschten Infektionsübertragung nicht gänzlich eliminiert werden. Jede­r Einzelne – ob nun Patient, Spitalsmitarbeiter oder Besucher – kann jedoch sehr viel dafür tun, diese Gefahr so gering wie möglich zu halten.

Hygiene im Mittelpunkt

Das Thema „Hygiene und Vermeidung von Infektionen in Gesundheitseinrichtungen“ steht im Mittelpunkt des 1. Internationalen Tages der Patientensicherheit.

Zahlreiche Gesundheitseinrichtungen im deutschsprachigen Raum werden an diesem Tag zeigen, was alles getan wird, um Krankenhauskeime und andere Risiken zu vermeiden. Die Patienten – sowie alle, die es einmal werden könnten – haben in Form von Podiumsdiskussionen, Informationsveranstaltungen sowie Tagen der offenen Türe in Krankenhäusern, Unikliniken und anderen Gesundheitseinrichtungen die Möglichkeit zu erfahren, wie sie sich selbst wirksam schützen können.

Auf Zahlen, die das tatsächliche Ausmaß von Krankenhausinfektionen deutlich werden lassen, verweist Dr. Franz ALLERBERGER, Vorstand der Österreichischen Gesellschaft für Hygiene, Mikrobiologie und Präventivmedizin (ÖGHMP): „In einer in den Jahren 2011/2012 europaweit durchgeführten Studie – darunter neun österreichische Krankenanstalten – zeigte sich, dass sich in Akutkrankenhäusern bei einem von 18 Patienten (6 %; länderspezifische Bandbreite 2,3 % – 10,8 %) eine Krankenhausinfektion findet.

Nosokomiale Infektionen gehören zu den häufigsten Komplikationen eines Krankenhausaufenthaltes. Sie verlängern den Krankenhausaufenthalt, erfordern mehr Diagnostik- und Behandlungsaufwand und sind mit Mehrkosten verbunden. Das Auftreten von multiresistenten Erregern kann die Behandlung zusätzlich verkomplizieren.“ Das Motto lautet: Jede Infektion, die verhindert werden kann, vermeidet Leid und Kosten. In der kollektiven Zusammenarbeit können nosokomiale Infektionen in Gesundheitseinrichtungen auf ein Mindestmaß reduziert und damit ein wichtiger Beitrag für mehr Patientensicherheit geleistet werden.

Fachpersonal ist essentiell

„Als Dreh- und Angelpunkt in der direkten Patientenversorgung hat das Pflegefachpersonal, wenn Hygienemaßnahmen umzusetzen sind, zentrale Bedeutung.

Darüber hinaus geht es aber auch darum, Patientinnen und Patienten, sowie deren Angehörige zum Thema Hygiene zu sensibilisieren und sie für die Anwendung von Hygienemaßnahmen zu schulen“, so Ursula FROHNER, Präsidentin des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbandes (ÖGKV). Als effizienteste Maßnahme gegen Infektionskrankheiten gilt laut FROHNER eine konsequente Händedesinfektion. Auch Mag. Gabriele JAKSCH, Präsidentin der MTD-Austria, dem Dachverband der gehobenen medizinisch-technischen Dienste, vertritt diese Haltung und ergänzt:

„Damit ist es allerdings nicht getan: wenig ist erreicht, wenn sich Patientinnen und Patienten zwar bei Behandlung oder Beratung im hygienisch einwandfreien Umfeld befinden, aber selbst nicht gelernt haben, außerhalb dieses Rahmens auf die notwendige Hygiene zu achten.

Diesbezügliche Er- und Aufklärung durch uns als Gesundheitsberufe ist essentiell – über alle Alters- und Einkommensschichten hinweg. Hygienestandards sind nicht nur für Krankenhäuser und Praxen, sondern in allen Gesundheitseinrichtungen ein unverzichtbares Regelwerk.“

Politik gefordert

„Als Gesundheitsministerin ist es mir wichtig, dass in der Gesundheitsversorgung die Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt stehen und dass für ihre Sicherheit und ihre Bedürfnisse gesorgt wird. Die gesundheitliche Versorgung soll unabhängig davon, wo und in welcher Einrichtung sie erbracht wird, sicher, effektiv und leicht zugänglich sein.

Damit ist Patientensicherheit ein wesentlicher Aspekt aller gesundheitspolitischen Maßnahmen, so auch der geplanten Stärkung der Primärversorgung“, so Gesundheitsministerin Dr. Sabine OBERHAUSER bei der Pressekonferenz zum internationalen Tag der Patientensicherheit.

Tatsächlich habe sich in den letzten zehn Jahren viel getan, betonte auch Patientenanwalt Gerald Bachinger ebendort, doch es gebe nach wie vor in einigen Bereichen dringenden Handlungsbedarf. Als Beispiel nennte er die hohe Zahl dokumentierter Infektionen mit dem Bakterium Clostridium difficile.

700 Menschen pro Jahr sterben in österreichischen Krankenhäuser an Infektionen mit dem Bakterium Clostridium difficile. Ein Großteil der Fälle wäre nach den Worten Bachingers vermeidbar. Er urgiert deshalb ein Meldesystem, dessen Daten die Basis für das Erkennen von Verbesserungsmöglichkeiten sei.

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Quellen:

Plattform Patientensicherheit
Patientensicherheit in der EU

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