Unfallfalle Garten: Rund 23.000 Unfälle pro Jahr passieren im eigenen Grün

gesundheit-medizin

Jedes Jahr passieren in Österreichs Gärten rund 23.000 Unfälle, bei denen die Betroffenen anschließend im Krankenhaus behandelt werden müssen. Die häufigsten Ursachen für Verstauchungen, Muskel- und Sehnenverletzungen oder Knochenbrüche sind Unachtsamkeit und Überforderung.

Blumen einsetzen, Rosen schneiden und Sträucher pflegen: Die Arbeit im Garten ist für viele ein erholsamer Ausgleich zum hektischen Alltag. Doch birgt sie auch viele Verletzungsgefahren.

Orthopäde gibt Tipps – So vermeiden Sie schwere Verletzungen

Männer sind laut dem Kuratorium für Verkehrssicherheit mit 65 Prozent häufiger betroffen als Frauen. Fast die Hälfte der Unfälle ist auf Unachtsamkeit und jeder achte Unfall auf Überforderung, mangelnde Übung oder Selbstüberschätzung zurückzuführen. Jeder zehnte Gartenunfall passiert durch Hektik und wäre mit entsprechender Vorbereitung vermeidbar. Laut einer GfK-Studie passieren Personen über 55 Jahren die meisten Unfälle mit 23,2 Prozent im Garten.

Vorsichtsmaßnahmen im Garten

Nasses Gras, herumliegende Gartengeräte oder falsche Schuhe sind häufige Ursachen für Verstauchungen, Muskel- und Sehnenverletzungen oder Knochenbrüche. Dr. Max Böhler, Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie empfiehlt: „Einfache Vorsichtsmaßnahmen, wie ordentliche Schuhe mit griffigem Profil oder die Vermeidung von akrobatischen Verrenkungen, können das Verletzungsrisiko bereits stark reduzieren.“ Speziell Stürze aus großer Höhe, wie etwa von Leitern oder Bäumen, können Prellungen oder Knochenfrakturen am Bewegungsapparat verursachen. „Im Sommer arbeitet so mancher Hobbygärtner in Badehose mit offenen Schuhen oder barfuß und vergisst dabei die Verletzungsgefahren“, warnt Böhler.

Mit Schemel und Schaumstoffmatte

Neben Unfällen ist auch die Dauerbelastung bei der Arbeit im Grünen nicht zu unterschätzen. Gartenarbeiten, wie Unkraut jäten oder Blumen einsetzen, führen häufig zu Überlastungsschmerzen in den Kniegelenken oder der Wirbelsäule. Bei Arbeiten über dem Kopf werden die Schultergelenke schnell überstrapaziert. „Oft helfen regelmäßige Haltungswechsel und das Unterlegen einer abfedernden Schaumstoffmatte zur Schonung der Kniegelenke oder ein kleiner Schemel bei sitzenden Tätigkeiten“, empfiehlt der Orthopäde.

Zur besonderen Vorsicht rät Böhler bei Hobbygärtnern mit Vorbelastungen, wie etwa bestehenden Bandscheibenerkrankungen, Kreislaufproblemen oder Diabetes. Um den Kreislauf zu schonen, empfiehlt Böhler die Arbeit auf die sonnenarme Zeit am Morgen oder am Abend zu verschieben. Mit etwas Planung und der notwendigen Vorsicht bringt die Gartenarbeit anstelle von lästigen Verletzungen das, was sie eigentlich bewirken sollte: Freude und Ausgleich.

Interview Gesundheitsnews.at mit Dr. Max Böhler, Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie

gesundheitsnews.at: Warum glauben Sie, verunfallen Männer häufiger als Frauen? Liegt es vielleicht einfach daran, dass diese mehr Gartenarbeit machen, oder sind sie tatsächlich unvorsichtiger?

Dr. Max Böhler: „Auch wenn die Gartenarbeit als Frauendomäne gilt, sind Männer laut Statistik mit 65% häufiger betroffen als weibliche Hobbygärtnerinnen. Nach meiner Ansicht sind Frauen zum einen vorsichtiger, zum anderen werden die gefährlicheren Arbeiten tendenziell von Männern erledigt.“

gesundheitsnews.at: Gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede bei den Verletzungen?

Dr. Max Böhler: „Besonders verletzungsanfällig sind Männer, die sich oft bei Tätigkeiten mit Säge und Rasenmäher schwere Blessuren zuziehen. Auch Schnittverletzungen durch Hacke oder Axt zählen zu den typischen Männer-Unfällen. Frauen hingegen stürzen häufig auf rutschigem Gras oder über liegengebliebene Gartenschläuche. Bei orthopädischen Verletzungen gibt es aber kaum geschlechterspezifische Unterschiede.“

gesundheitsnews.at: Gibt es Monatsschwankungen bei den Unfällen und wenn, ja welche?

Dr. Max Böhler: „Die meisten Unfälle passieren in den warmen Monaten von Mai bis September.“

gesundheitsnews.at: Bitte um Bewegungstipps/Trainingstipps, um die besonders strapazierten Gelenke und Muskeln das ganze Jahr über gut in Schuss zu halten.

Dr. Max Böhler: „Häufiges Wechseln der Arbeitshand bei Arbeiten über Kopf und in der Horizontale hilft dabei, die Gelenke zu schonen. Bei Arbeiten am Boden sollte eine gebückte Haltung vermieden werden, um die Wirbelsäule zu entlasten. Hier empfehle ich, die Arbeit im Sitzen auf einem niedrigen Schemel oder im Knien auf einer weichen Unterlage zu verrichten.“

300.000 orthopädische Eingriffe

Orthopädische Beschwerden sind in Österreich kein Randphänomen. Knapp eine Million Männer und 1,2 Millionen Frauen in Österreich leiden an Wirbelsäulenbeschwerden, rund 300.000 Operationen werden jährlich am Bewegungsapparat durchgeführt. 17,3 Prozent aller jährlichen Krankenstände in Österreich sind auf Beschwerden der Muskeln, des Skeletts und des Bindegewebes zurückzuführen.

——————————

Über Univ.Doz. Dr. Max Böhler (Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie):Dr. Max Böhler ist spezialisiert auf Endoprothetik und hat mehr als 9.000 chirurgische Eingriffe durchgeführt. Er führt zwei Ordinationen in Wien Favoriten und in Baden bei Wien. Neben seiner Tätigkeit als Lehrbeauftragter an der Medizinischen Universität Wien ist Dr. Böhler orthopädischer Fachgutachter der Ethikkomission der Gemeinde Wien und allgemein beeideter & gerichtlich zertifizierter Gerichtssachverständiger.

Linktipps: