Was bringt ein Werbeverbot für Junkfood?

Politik & Forschung

Es gibt bereits einige Länder, die ein Werbeverbot für Junkfood haben oder in naher Zukunft einführen werden. Doch wie steht es um die Wirksamkeit solcher Verbote?

In Deutschland fordern die Verbraucherschutzminister der Länder ein umfassendes Verbot von an Kinder und Jugendliche gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel, auch in Österreich werden derartige Überlegungen angestellt.

Die politische Debatte, ob ein Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel für Kinder und Jugendliche sinnvoll ist, ist im Gange. Wissenschaftliche Evidenz dazu ist allerdings rar. Es gibt aber mehrere Cochrane Reviews, die für diese Frage zumindest indirekt relevant sind.

Was ist Junkfood?

Der Begriff Junkfood bezieht sich im Allgemeinen auf Lebensmittel, die einen hohen Gehalt an Kalorien, Fett, Zucker und/oder Salz haben, aber nur einen geringen Nährwert und keine wesentlichen Nährstoffe enthalten. Junkfood wird oft als ungesunde Ernährung angesehen, die zu einer Vielzahl von gesundheitlichen Problemen wie Übergewicht, Diabetes, Herzkrankheiten und anderen chronischen Krankheiten beitragen kann.

Zu den typischen Lebensmitteln, die als Junkfood gelten, gehören typische Fast Food Produkte wie Hamburger, Pommes Frites und Pizza, sowie verarbeitete Snacks wie Chips, Kekse, Schokoriegel und Limonade. Diese Lebensmittel sind oft reich an gesättigten Fetten, Transfetten, Zucker und Natrium, aber arm an Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen.

Inhaltsstoffe, die in Junkfood enthalten sein können, sind unter anderem:

  • Zuckerarten wie Saccharose, Glukose, Fruktose, Maissirup mit hohem Fruktoseanteil (HFCS).
  • Gesättigte Fette, die in frittierten Lebensmitteln wie Pommes Frites, Hühnchen-Nuggets, Burger und in Süßwaren wie Schokolade enthalten sind.
  • Transfette, die in verarbeiteten Lebensmitteln und Backwaren enthalten sein können und als ungesund gelten.
  • Natrium, das in großen Mengen in verarbeiteten Lebensmitteln wie Chips, Tiefkühl-Pizza und Fastfood enthalten ist.
  • Künstliche Zusatzstoffe wie Konservierungsmittel, Farbstoffe, Aromen und Geschmacksverstärker können auch in Junkfood enthalten sein.

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Lebensmittel, die gelegentlich als Snacks gegessen werden, automatisch als Junkfood gelten. Zum Beispiel können Nüsse, Obst und Gemüse eine gesunde Alternative zu verarbeiteten Snacks und Süßigkeiten darstellen. Die Menge und die Häufigkeit des Konsums von Junkfood können jedoch einen signifikanten Einfluss auf die Gesundheit haben.

Länder, in denen es ein Werbeverbot für Junkfood gibt

Es gibt bereits einige Länder, die ein Werbeverbot für Junkfood und ungesunde Lebensmittel haben oder in naher Zukunft einführen werden:

  • Frankreich: Frankreich hat ein umfassendes Werbeverbot für Junkfood und ungesunde Lebensmittel, das seit 2017 in Kraft ist. Dieses Verbot verbietet Werbung für Produkte wie zuckerhaltige Getränke, Fast Food und Snacks, die hohe Mengen an Salz, Fett und Zucker enthalten.
  • Norwegen: Norwegen hat auch ein umfassendes Werbeverbot für Junkfood und ungesunde Lebensmittel. Das Verbot gilt für Produkte, die einen hohen Gehalt an Fett, Zucker und Salz haben, sowie für alkoholische Getränke. Das Verbot trat im Jahr 2017 in Kraft.
  • Großbritannien: Das Vereinigte Königreich hat auch Werbebeschränkungen für Junkfood. Im Jahr 2019 wurde ein Werbeverbot für Junkfood während der Primetime im Fernsehen und auf Online-Plattformen wie sozialen Medien angekündigt. Das Verbot wurde angekündigt, um die steigende Fettleibigkeitsrate in Großbritannien zu bekämpfen.

    Das umfassende Werbeverbot für Junkfood im Fernsehen und im Internet in Großbritannien wird voraussichtlich im Jahr 2023 in Kraft treten. Das Verbot, das sich auf Lebensmittel und Getränke mit hohem Fett-, Zucker- und Salzgehalt (HFSS) bezieht, gilt für Werbung im Fernsehen, auf Streaming-Plattformen und im Internet.

    Ursprünglich sollte das Verbot im Jahr 2022 in Kraft treten, aber die Regierung hat aufgrund der COVID-19-Pandemie beschlossen, die Einführung des Verbots um ein Jahr zu verschieben. Das Verbot wurde bereits 2019 angekündigt, um die steigende Fettleibigkeitsrate in Großbritannien zu bekämpfen.

    Es gibt aber auch Ausnahmen für das Verbot, wie z.B. für Lebensmittel und Getränke, die für Erwachsene bestimmt sind, sowie für gesunde Lebensmittel und Getränke, die bestimmte Nährstoffkriterien erfüllen.

  • Chile: Chile hat ein Verbot von Werbung für Junkfood, das seit 2016 in Kraft ist. Das Verbot verbietet Werbung für Produkte mit hohem Gehalt an Zucker, Salz und gesättigten Fetten in allen Medien, einschließlich Fernsehen, Radio und Zeitschriften.

Was sagt die Wissenschaft zum Thema Werbeverbot für Junkfood?

Werbung für sogenanntes Junkfood einzudämmen, fordern Kinder- und Jugendärzte, Fachgesellschaften und Verbraucherorganisationen seit Jahren. Gegner wittern darin staatliche Bevormundung. Doch was sagen Studien zu diesem politisch heiklen Thema?

Es gibt zwar bereits wissenschaftliche Untersuchungen, die zeigen, dass ein Werbeverbot für Junkfood sich auf den Umsatz bzw. Konsum dieser Produkte auswirken kann, die Datenlage ist aber dünn und basiert auf allgemeinen Fragestellungen zu dem Themenbereich.

Wissenschaftliche Belege aus gut durchgeführten, hochwertigen wissenschaftlichen Studien, die sorgfältig zur Beantwortung exakt zu dieser Fragestellung geplant wurden – sog. Cochrane Evidenzen – liegen (noch) nicht vor.

Doch man kann sich ihr durch den Blick auf verwandte Themen annähern. So hat Cochrane Studien zu den Auswirkungen von Werbung bzw. Werbeverboten (allerdings für Tabak bzw. Alkohol) ausgewertet und den Nutzen von Interventionen für einen gesünderen Lebensstil bei Kindern untersucht:

1. Ein Cochrane Review aus dem Jahr 2014 untersucht, ob Werbebeschränkungen für Alkohol den Alkoholkonsum verringern. Ergebnis: Auch wenn sich hieraus Hinweise ergeben, dass sich Alkoholwerbung im Kino auf den Konsum von Alkohol unmittelbar danach auswirken könnte, ist die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz zu niedrig, um daraus belastbare Schlussfolgerungen zu ziehen.

2. Ein Cochrane Review von 2011 untersucht, welchen Einfluss Werbung auf den Tabakkonsum hat. Demzufolge erhöhte sich in 18 von 19 eingeschlossenen Studien bei Teilnehmenden, die mehr Werbung ausgesetzt waren oder diese bewusster aufgenommen hatten die Wahrscheinlichkeit, später zu rauchen.

3. Ein Cochrane Review aus dem Jahr 2019 zeigt, dass ein eingeschränkter Verkauf von Softdrinks an Schulen den Süßgetränkekonsum von Kindern und Jugendlichen möglichweise reduziert (bei niedriger Vertrauenswürdigkeit der Evidenz). Auch zur Verfügung gestellte kalorienärmere Getränke oder Wasser in der häuslichen Umgebung führten bei übergewichtigen Jugendlichen mit zuvor hohem Softdrinkkonsum zu einer Gewichtsabnahme (hohe Vertrauenswürdigkeit der Evidenz).

4. Ein weiterer Cochrane Review untersuchte, ob anders herum Strategien zur Förderung einer gesunden Ernährung und zur Steigerung körperlicher Aktivität bei Kindern und Jugendlichen helfen, Adipositas (deutlichem Übergewicht) vorzubeugen. Die Kinder bekamen beispielsweise „Sterne“ für jede von drei „guten Gesundheitsverhaltensweisen“, etwa dem Verzehr einer Portion Obst oder Gemüse, der Wahl eines fett- und zuckerarmen Getränks oder für das Zurücklegen von 5000 Schritten.

Das Ergebnis: Die Evidenz legt für alle Altersklassen, vom Kleinkind bis zum Jugendlichen, nahe, dass nur Interventionen, die gleichzeitig sowohl auf mehr körperliche Aktivität, als auch bessere Ernährung abzielten, das Risiko von Adipositas senken. Sich ausschließlich auf die Ernährung zu konzentrieren, könnte demnach höchstens für Kindergartenkinder einen gewissen Effekt haben, der sich bei älteren Kinder aber nicht zeigte.

Es gibt auch mehrere kleine Studien, die einen Zusammenhang zwischen Werbeverboten für Junkfood und den Auswirkungen auf den Umsatz bzw. Konsum dieser Produkte nahelegen:

Eine Studie aus dem Jahr 2012, die in der Zeitschrift „PLOS ONE“ veröffentlicht wurde, untersuchte den Zusammenhang zwischen Fernsehwerbung für Junkfood und dem Konsum von Lebensmitteln und Getränken mit hohem Kaloriengehalt bei Kindern. Die Studie ergab, dass ein Verbot von Fernsehwerbung für Junkfood dazu beitragen könnte, den Konsum von kalorienreichen Lebensmitteln und Getränken bei Kindern zu reduzieren.

Eine Studie aus dem Jahr 2019, die in der Zeitschrift „Pediatrics“ veröffentlicht wurde, untersuchte den Zusammenhang zwischen Werbeverboten für Junkfood und dem Konsum von Süßigkeiten und Snacks bei Kindern. Die Studie ergab, dass Werbeverbote für Junkfood in Kanada und Norwegen mit einem Rückgang des Konsums von Süßigkeiten und Snacks bei Kindern verbunden waren.

Eine Studie aus dem Jahr 2016, die in der Zeitschrift „Health Affairs“ veröffentlicht wurde, untersuchte den Zusammenhang zwischen Werbeverboten für Junkfood und der Fettleibigkeitsrate bei Kindern in den USA. Die Studie ergab, dass ein Verbot von Junkfood-Werbung im Fernsehen in den USA dazu beitragen könnte, die Fettleibigkeitsrate bei Kindern zu senken.

Diese und andere Studien legen nahe, dass Werbeverbote für Junkfood einen positiven Einfluss auf den Konsum von Lebensmitteln und Getränken mit hohem Fett-, Zucker- und Salzgehalt haben können, insbesondere bei Kindern.

Fazit

Was bringt ein Werbeverbot für Junkfood? Noch lässt sich die Frage wissenschaftlich nicht eindeutig beantworten.

Die bisher verfügbare Evidenz zeigt einerseits, dass sowohl Werbung als auch eine leichte Verfügbarkeit von ungesunden Nahrungs- oder Genussmitteln deren Konsum tatsächlich begünstigt. Andererseits können sich Interventionen, die auf bessere Ernährung in Kombination mit mehr Bewegung abzielen, durchaus positiv auf die Vermeidung von Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen auswirken.

Ob ein Werbungsverbot für ungesunde Lebensmittel seinen Zweck erfüllen wird, lässt sich auf Basis der bisherigen Studienlage kaum beantworten.

Ein Grund dafür sind grundlegende methodische Probleme, solche Maßnahmen zu untersuchen. Umso wichtiger wäre es, nun begleitend zum Gesetz zusammen mit Expert*innen eine möglichst aussagekräftige Begleitforschung einzuplanen. Sie könnte helfen, die großen Evidenzlücken zu schließen, die es im Bereich der sogenannten Verhältnisprävention, also der Beeinflussung von gesundheitsbezogenem Verhalten, noch gibt.

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Quellen:

¹ Dietary factors and their association with childhood obesity in the Middle East: A systematic review. (Albataineh SR et al. in Nutr Health. 2019 Mar;25(1):53-60.) doi: 10.1177/0260106018803243
² Effect of Restrictions on Television Food Advertising to Children on Exposure to Advertisements for ‘Less Healthy’ Foods: Repeat Cross-Sectional Study (Adams J. et al in PLoS ONE 7(2): e31578) https://doi.org/10.1371/journal.pone.0031578
³ Verhältnispräventive Maßnahmen zur Reduktion des Konsums und der gesundheitlichen Folgen von Süßgetränken (Philipsborn P. et al in Cochrane Database of Systematic Reviews 2019, Issue 6. Art. No.: CD012292.) DOI: 10.1002/14651858.CD012292.pub2

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