Was man über staatliche Krankenversicherungen wissen sollte

Politik & Forschung

Eine Krankenversicherung erstattet Versicherten die Behandlungskosten bei Erkrankungen, bei Mutterschaft und mitunter auch nach Unfällen – je nach Gestaltung, entweder voll oder teilweise.

Unterschieden werden gesetzliche – also staatlich vorgeschriebene und organisierte – und private Krankenversicherungen von privaten Versicherungsunternehmen.

Staatliche Krankenversicherungen als Teil des Gesundheits- und auch des Sozialversicherungssystems, zählen zweifellos zu den soziapolitischen Errungenschaften eines Landes.

Schließlich garantieren sie die erforderliche medizinische Behandlung unabhängig vom Einkommen und gesellschaftlichen Status.

Krankenversicherung: Rechtliche Lage in Österreich

Bei der gesetzlichen Krankenversicherung in Österreich handelt es sich um eine Pflichtversicherung. Sie gilt für alle Erwerbstätigen (egal ob selbständig oder unselbständig) mit Wohnsitz Österreich, sofern das Einkommen die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet.

Dies umfasst ebenso Arbeitslose und Pensionisten und in der Regel auch nicht berufstätige Personen wie etwa Familienangehörige (Ehepartner, Kinder), sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Bei letztgenannten handelt es sich allerdings nicht um eine Pflichtversicherung sondern eine sogenannte Mitversicherung.

Die Trägeranstalten der Krankenversicherung sind in Österreich die sogenannten Krankenkassen. Diese können sich Versicherungsnehmer allerdings nicht aussuchen, sie wird je nach Art der Erwerbstätigkeit (selbständig, unselbständig, Staatsdienst usw.) sowie nach Dienstgeber und dessen Standort zugeteilt.

Der größte Versicherungsträger ist die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) mit mehr als 7,2 Mio. Versicherten (Stand: 2021)

Die gesetzliche Krankenversicherung zählt zusammen mit der Unfallversicherung, der Pensionsversicherung und auch der Arbeitslosenversicherung im weiteren Sinne zur österreichioschen Sozialversicherung.

Die Beiträge werden bei unselbständig Erwerbstätigen anteilmäßig sowohl vom Dienstnehmer als auch dem Dienstgeber geleistet. Sie werden den Dienstnehmern monatlich von deren Bruttoeinkommen automatisch abgezogen.

Auch Selbstständige, Unternehmer, Gewerbetreibende, Bauern und sogenannte Neue Selbständige (zumeist EPU’s) unterliegen der Sozialversicherungspflicht. Sie sind nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG) der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS) zugeteilt.

Mit etwa 1,2 Millionen Personen Versicherten (Stand: 2021) ist sie der zweitgrößte Krankenversicherungsträger, gefolgt von der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB) mit mehr als 1,1 Millionen Versicherte.

Der Leistungskatalog ist von Versicherungsträger zu Versicherungsträger unterschiedlich. Den eindeudigsten Unterschied markiert der verpflichtende Selbstbehalt für Versicherte der SVS in der Höhe von 20 Prozent bei ambulanten Behandlungen. Die SVS bietet dafür allerdings mehr Leistungen in anderen Bereichen an als etwa die ÖGK.

Krankenversicherungsschutz und Gesundheitsleistungen

Der Leistungsumfang ist in Österreich durchaus respektabel, zumindest im internationalen Vergleich. Der Katalog an Gesundheitsleistungen umfasst je nach Versicherungsträger in unterschiedlichem Ausmaß Kostenübernahme bzw. Kostenerstattung für:

    1. Die Ärztliche Versorgung (Vertragsärzte, Wahlärzte, Zahngesundheit usw.)
    2. Therapeuten & Pflege (Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, psychische Gesundheit usw.)
    3. Krankenhausaufenthalte, Reha & Kur (also Spitalsbehandlung, medizinische Rehabilitation, ambulante medizinische Rehabilitation, Kuraufenthalte usw.)
    4. Krankenstand (inkl. Krankengeld, Wiedereingliederungsgeld, Rehageld usw.)
    5. Medikamente, Heilbehelfe und Transport (inkl. Impfungen, Heilbehelfe & Hilfsmittel, sowie Krankentransporte und Fahrtkosten)

Eine freiwillige Krankenversicherung ist (zusätzlich) für alle Personen möglich.

Menschen ohne gesetzliche Krankenversicherung in Österreich

Gleichwohl es eine kleine Gruppe ist, so ist sie dennoch nicht zu vernachlässigen, die Gruppe jener Menschen, die keine Krankenversicherung hat.

Etwas mehr als 27.000 Menschen ohne Krankenversicherung stehen 8,6 Millionen abgesicherten Personen in Österreich gegenüber. Die Gründe dafür, nicht versichert zu sein, sind vielfältig, die möglichen Auswirkungen für Betroffene jedenfalls dramatisch.

Denn soferne es sich nicht um einen medizinischen Notfall handelt, kann einem Nicht-Versicherten eine Versorgung durch den behandelnden Arzt verwehrt werden. Jedenfalls dann, wenn der Betroffene nicht in der Lage ist den sogenannten „Selbstzahler-Tarif“ zu bezahlen. Dabei handelt es sich um fixe Beträge für gewisse Dienstleistungen für nichtversicherte Personen.

Bei einer „Sozialgeburt“ in einem Spital beispielsweise, beläuft sich der Betrag für Nichtversicherte auf cirka 900 Euro.

Die Österreichische Sozialversicherung hat im Jahr 2018 die Situation Nichtversicherter in Österreicher und die Gründe dafür in einer umfangreichen Studie erhoben.¹

Mögliche Gründe für Nichtversicherung

Es gibt unterschiedliche Ursachen warum Personen in Österreich nicht krankenversichert sind. Doch die Zahl der Betroffenen wächst. Hier nur ein kleiner AUszug:

  • Bei österreichischen Staatsbürgern hängt die fehlende Versicherung in der Regel mit außergewöhnlichen Statusübergängen, fehlenden persönlichen Ressourcen, mangelnder Information und zum Teil auch gewissen „Systemlücken“ zusammen. Häufigstes beispiel sind Auslandsösterreicher, die nach längerer Zeit wieder zurückkehren.
  • Ebenfalls betroffen sind Österreicher, die keine Beschäftigung ausüben und weder Leistungen des Arbeitsmarktservice noch eine gesetzliche Pension beziehen.
  • Bei EU-Bürgern und anderen Migranten ohne Versicherungsschutz handelt es sich in der Regel um nicht erwerbstätige Personen, die noch nicht fünf Jahre in Österreich leben oder noch keinen Daueraufenthalt nachweisen können. Weil sie somit noch keinen Anspruch auf Mindestsicherung oder AMS-Leistungen (Arbeitslosengeld) haben, entfällt auch eine Krankenversicherung, die im Normalfall in diesen Leistungen enhalten ist.
  • Asylwerber, die wegen eines Wechsels des Wohnortes ohne Antrag aus der Grundversorgung fallen (grundsätzlich sind diese in der Bundesbetreuung krankenversichert)
  • Betroffen sind auch Menschen, die selbstständig beruflich oder privat viel in Europa unterwegs sind und keinen ständigen Wohnsitz in Österreich haben.
  • Expats, die außerhalb Österreichs arbeiten
  • Digitalnormaden
  • Au Pairs usw.

Grundsätzlich können Personen mit österreichischem Wohnsitz, die nicht krankenversichert sind, sich in der Krankenversicherung selbst versichern. Sie haben Anspruch auf Sachleistungen (ärztliche Hilfe, Pflege in einem Spital, Medikamente). Die Kosten betragen 454,86 Euro pro Monat (Wert für 2021)

Für geringfügig Beschäftigte, Studierende und Personen, die ein behindertes Kind oder einen nahen Angehörigen pflegen, gibt es allerdings besondere Bestimmungen und die Möglichkeit eine Herabsetzung zu beantragen.

Auch private Versicherungsunternehmen bieten spezielle Angebote für die immer größer werdende Gruppe jener, die nicht pflichtversichert sind. In Deutschland gilt – unabhängig von der jeweiligen Lebenssituation der Antragsteller eine sogenannte „100% Annahmegarantie“.

Natürlich sind dabei Alter, Vorerkrankungen und Berufsrisiken (wie auch der Selbstbehalt) für die Tarifhöhe sehr relevant. Die besagte 100% Annahmegarantie (ist in Deutschland für Privatversicherer Usus) heißt allerdings nur, dass es für jeden Antragsteller ein Angebot geben muss. Ob das dann leistbar ist, steht auf einem anderen Blatt.

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Quellen:

¹ Nicht-krankenversicherte Personen in Österreich – empirische Erkenntnisse
² Versicherungslösung: ohne Krankenversicherung zum Arzt
³ Private Krankenversicherung in Österreich

Linktipps:



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