Ein mittleres politisches Erdbeben hat die Präsentation des Wiener Spitalskonzepts 2030 von Bürgermeister Michael Häupl und Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely ausgelöst. Doch nicht nur bei den Oppositionsparteien im Wiener Rathaus, auch innerhalb der Ärzteschaft gab es massive Bedenken gegen die vorgestellten Pläne. Kernstück des neuen Gesundheitsmasterplans sind Effizienssteigerungen, die durch die Schaffung neuer Schwerpunktzentren erreicht werden soll. Fest steht: die Wiener Spitalslandschaft wird komplett umgekrempelt.
Konzentrierte Krankenhäuser – effektives Gesundheitssystem?
Wiens Gesundheitspolitik will neue Wege gehen, dieses Signal ist eindeutig und unmißverständlich bei der Präsentation des Wiener Spitalskonzepts 2030 ausgesendet worden. Das Ausmaß der Änderungen, das die Stadt Wien und der Krankenanstaltenverbund (KAV) an den Tag gelegt haben, hat letztlich aber auch Kenner der Materie überrascht. Weniger, dafür hochspezialisierte Einheiten sollen künftig in Wien die Qualität der Gesundheitsversorgung garantieren.
Im Klartext heißt das: Schließungen und Zusammenlegungen. Statt aktuell zwölf Standorte soll es in Zukunft nur noch sechs Gemeindekrankenhäuser und das AKH geben. Das Allgemeine Krankenhaus – die Universitätsklinik wird vom Bund mitfinanziert – wird das einzige Vollspital in Wien bleiben, alle anderen verbleibenden Spitäler bekommen konkrete Schwerpunkte zugewiesen. Die Kleinspitäler sollen in das neue Krankenhaus Nord übersiedeln, das 2017 in Floridsdorf eröffnet werden soll.
Im Detail bedeutet dies, dass jedes Gemeindekrankenhaus (Region West: KH Hietzing und Wilhelminenspital, Region Süd: Rudolfstiftung und Kaiser Franz Josef Spital, Region Nord: Donauspital und KH Nord) auf eine Fachrichtung spezialisiert sein soll, darüber hinaus aber nur mehr eine Grundversorgung und eine zentrale Notaufnahme anbieten wird. Das bedeutet, dass nicht mehr in jedem Spital sämtliche Fachabteilungen angesiedelt sein werden und der Patient sich bereits vor dem Besuch genau überlegen muss, welches Krankenhaus er aufsuchen wird. So werden beispielsweise die drei bisherigen Augenkliniken in der Rudolfsstiftung zusammengelegt. Ein Personalabbau bzw. ein Abbau von Spitalsbetten ist damit übrigens – zumindest derzeit – nicht verküpft, beteuern die Verantwortlichen.
Was das für Patienten in jedem Fall bedeutet ist trotzdem klar: einerseits längere Anfahrtswege und Wartezeiten, andererseits, so der Plan, bessere Behandlungsqualität. Wie das? Nun, je mehr Patienten in einer Klinik behandelt werden, desto höher sind die Erfahrungswerte der Spezialisten, was in weiterer Folge eine höhere Behandlungsqualität bringen soll.
Richtiger Ansatz, halbherzige Lösung?
Was viele Gesundheitsökonomen seit Jahr und Tag predigen, nämlich eine Bündelung der Kompetenzen und Schaffung klarer Strukturen, scheint damit umgesetzt. Doch Zweifel bleiben. Nicht nur die Sorge, dass die ohnehin schon langen Wartezeiten – bei CT-, MRT-Untersuchungen, Strahlentherapie oder Hüftoperation sind mehrere Monate Wartezeit längst Realität – noch weiter anwachsen könnten, vielen fehlt auch der Glaube, dass es mit der Umsetzung klappt.
Immerhin funktioniert das neue System nur, das bestätigen auch KAV Generaldirektor Udo Janßen und Stadträtin Wehsely, wenn die niedergelassenen Ärzte künftig bessere Rahmenbedingungen erhalten um Druck von den Spitälern und Ambulanzen zu nehmen. Doch die dafür notwendige Vergabe von Kassenverträgen liegt nicht in deren Einflussbereich.
Dazu kommen nicht gerade vertrauensfördernde Vorfälle bei der Planung und Ausführung größerer Projekte in der jüngeren Vergangenheit. Zum Teil massive Terminüberschreitungen, Kostenexplosionen und überbordernde Mängel bei Neuprojekten (Krankenhaus Nord, Wirtschaftshof KFJ) lassen Insider wohl nicht ganz zu Unrecht an der Qualität der Umsetzung zweifeln. Zu oft schon wurden Einsparungen durch Kostenexplosionen aufgrund von Planungsfehler und mangelnde Kontrolle kanibalisiert.
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