Arteriosklerose: Neue Behandlungsmethoden mit Alirocumab

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Zu den wichtigsten Ursachen für Herz-Kreislaufbeschwerden zählt die Arteriosklerose, im Volksmund auch als „Arterienverkalkung“ bezeichnet. Ursache: u.a. erhöhte Cholesterinwerte. In Folge heften sich gefährliche Fettsubstanzen an beschädigte Stellen in Blutgefäßen, es kommt zur Verdickungen und Verhärtungen.

Der Blutdruck steigt an, da das Blut immer schlechter durch die verengten Gefäße fließen kann; lebenswichtige Organe werden nicht mehr ausreichend durchblutet. Schlimmst Folge: Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Um diese gefährliche Ablagerungen in Gefäßen zu verhindern, gibt es Medikamente, doch diese sind nicht unumstritten. Nun hat die Forschung neue künstliche Antikörper in der Pipeline – der Wirkstoff Alirocumab wurde in der EU zugelassen.

Cholesterin

Ist zu viel Cholesterin im Körperkreislauf, bildet es die Basis für Ablagerungen in Blutgefäßen. Der Betroffene leidet dann unter Arteriosklerose. „In Österreich ist das direkt oder indirekt die Todesursache Nummer eins“, betont Internist Christoph Binder von der Medizinischen Universität Wien.

Allerdings: es gibt auch gutes Cholesterin! Nur in einer an bestimmte Proteine gebundenen Form, der LDL-C-Variante, schadet es den Gefäßen. Eine Konzentration von über 160 Milligramm LDL-C pro Deziliter Blutplasma gilt als riskant.

Neben den Risikofaktoren ‚ungesundes Essen‘ und ‚zuwenig Bewegung‘ spielen auch genetische Faktoren eine Rolle. Der ideale LDL-C-Wert ist somit eher eine individuelle Angelegenheit, generell aber gilt: „Je weniger, desto besser.“

Diät, Bewegung Medikamente

Anfangs wird häufig versucht, die LDL-C Werte über eine Diät zu reduzieren. Das ist sicher ein wichtiger, erster Schritt, aber oft reicht diese Maßnahme nicht aus. Auch vermehrte Bewegung ist wichtig, aber manchmal braucht’s eben mehr um Hypercholesterinämie zu behandeln. Heutzutage wird meist mit Statinen, mit Arzneimitteln, die bremsend in den Cholesterinstoffwechsel eingreifen, behandelt.

Exkurs Statine

Bei der Behandlung von Hypercholesterinämie ist der Einsatz von Statinen weitgehend unumstritten. In der Primärprävention, also zur Vorbeugung bei eigentlich Gesunden, wird allerdings diskutiert, ob der Einsatz von Statinen sinnvoll ist.

Viele mit Statinen behandelte Patienten klagen über Muskelbeschwerden, sodass oft die Dosierung verringert werden muss; bzw, auch die Bewegung, die zunehmend notwendig ist, um die Cholesterinwerte in den Griff zu bekommen, vernachlässigt wird.

Darüber hinaus erhöht sich in erheblichem Maße die Wahrscheinlichkeit, an Grauem Star, Muskelschwäche oder Leber- und Nierenversagen zu erkranken. Experten raten daher zu einer sorgfältigen Dosierung dieser Medikamente.

Auch ein Zusammenhang Statine – verstärktes Auftreten von Speiesröhrenkrebs wird von manchen Experten vermutet.

Körpereigenes Cholesterin

Etwa die Hälfte des im Körper zirkulierenden Cholesterins wird vom Körper selbst hergestellt. Die Substanz ist wichtig – sie dient als Ausgangsmaterial für die Produktion der Gallensäure und verschiedener wichtiger Hormone.

Die Cholesterinsynthese wird über biochemische Schaltkreise gesteuert; eine wesentliche Rolle spielt dabei die Regulierung der LDL-C-Konzentrationen im Blutplasma durch die Aktivität der sogenannten LDL-Rezeptoren, kurz LDLR.

LDL- Rezeptoren

Die LDL Rezeptoren sitzen an der Außenseite von Zellmembranen und fangen dort frei flottierendes LDL-Cholesterin ein. Die LDLR sorgen dann für den Transport des LDL-C ins Zellinnere. Die Rezeptormoleküle bleiben dabei für eine gewisse Zeit an LDL-C gebunden, kehren aber nach getaner Arbeit meistens in recycelter Form an die Zelloberfläche zurück, um sich dem nächsten Transport zu widmen.

Die Präsenz und Funktion der Rezeptoren unterliegt der Kontrolle einer weiteren Substanz, des Protein PCSK9. Dieses Protein wird großteils ebenfalls von Leberzellen gebildet, es bindet gezielt an LDL-Rezeptoren. Je stärker die LDL Rezeptoren gebunden sind, desto weniger können sie ihre Recycling-Aufgaben wahrnehmen.

Eine Abnahme der aktiven LDL-R lässt die Menge an Cholesterin im Blutplasma also signifikant steigen. Fazit: Je höher die PCSK- Konzentrationen, desto höher auch die LDL-C-Werte. Und umgekehrt.

PCSK9

Vor 10 Jahren begannen Experten in diese Richtung zu forschen: Durch gezieltes Ausschalten von PCSK9, so die Überlegung, muss sich auch Hypercholesterinämie bekämpfen lassen. Und tatsächlich – es klappte! 2009 konnten die ersten monoklonalen Antikörper gegen PCSK9 präsentiert werden.

Die Idee ist, monoklonale PCSK9-Antikörper standardmäßig zur Senkung von Hypercholesterinämie einsetzen zu können. Der von zwei Pharmafirmen gemeinsam entwickelte Antikörper ‚Alirocumab‘ hat die klinischen Tests erfolgreich durchlaufen – seit Ende September 2015 ist der Wirkstoff Alirocumab in der EU zugelassen.

Alirocumab

Bei 44 Hypercholesterinämiepatienten konnte durch 14-tägige Verabreichung von 150 Milligramm Alirocumab nach 24 Wochen eine Senkung der LDL-C-Werte um durchschnittlich 54 Prozent (!) erreicht werden. Für eine gleich große, mit dem Medikament Ezetimib behandelte Testgruppe, betrug die mittlere Senkung nur 17 Prozent.

Monoklonale PCSK9-Antikörper bewirken also eine erhebliche Reduzierung der LDL-C-Konzentrationen, und mitlerweile ist auch empirisch bewisen, dass die Behandlung mitAlirocumab zu einer verringerten Zahl von Schlaganfällen und Herzinfarkten führen kann.

Eventuell könnte auch der kombinierte Einsatz von Statinen und Alirocumab interessant sein. Eine gesunde Ernährung und ausreichend Sport ergänzen den Kampf gegen Hypercholesterinämie.

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Quellen:

  • International Journal of Cardiology
  • Pressemitteilung über die Zulassung von Alirocumab in der EU
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