Die jahrelang inflationäre Verschreibpraxis von Antibiotika sowie die Zufütterung von Antibiotika in der Massentierhaltung hat sie stark gemacht: multiresistente Krankenhauskeime. Ein Forscherteam hat nun ein günstiges Diagnoseverfahren entwickelt, um zumindest die rasche Ausbreitung entsprechender Keime zu verhindern in dem Betroffene rechtzeitig behandelt und isoliert werden können.
Krankenhauskeim: MRSA und 4MRGN
Infektiologen und Hygienefachleute kennen das Problem schon lange: Besonders ohnedies schon geschwächte Patienten in Spitälern erkranken an zusätzlichen Infektionen durch sogenannte Krankenhauskeime. Das Perfide daran: gerade gegen diese Keime wirken gängige Antibiotika immer seltener.
Der lange Zeit am meisten gefürchtete MRSA (Methicillin-resistente Staphylococcus aureus) hat zwar ein wenig an Schrecken verloren, aber neue Keime schaffen neue Bedrohungen: Aktuell sind die 4MRGN-Erreger die größte Herausforderung: Gegen diese Bakterien, vermutlich aus Indien eingeschleppt, sind die Ärzte bislang so gut wie hilflos.
Das Gefährliche an ihnen: Sie tauschen ihre Resistenzgene mit anderen Bakterien aus – so können aus harmlosen Darmkeimen lebensgefährliche Erreger werden. Und es entstehen immer mehr neue, antibiotikaresistente Keime, die zunehmend zu einem Weltweiten – nicht nur medizinischen – Problem werden.
Der kürzlich veröffentlichte britische Antibiotical Resistance Review prognostiziert als Folge der multiresistenten Keime bis 2050 zehn Millionen Toten und 100 Billionen Euro Einbußen in der Weltwirtschaft.
Kontraproduktive Vogel-Strauss-Politik mancher Spitäler
Cornelia Lass-Flörl, Direktorin der Sektion für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie an der Med-Uni Innsbruck, weist auf ein zusätzliches Problem hin: die unklaren Datenlage. Die Uniklinik Innsbruck etwa liefert ihre Daten nach Berlin an das Referenzzentrum für nosokomiale Infektionen, während Wien das österreichische System ANIS einsetzt.
Und dann gibt es noch Spitäler, die ihre Daten gar nicht veröffentlichen – aus Angst, wegen Hygienemängel in Verruf zu geraten. Ein Spital, das Ausbrüche, die in allen Krankenhäusern regelmäßig vorkommen, auch regelmäßig meldet, kommt schnell in Verruf, Manche Verantwortlich schauen daher lieber einfach mal weg… ein fataler Fehler, kann man doch diesfalls keine Gegenmaßnahmen ergreifen.
Wie verhindert man die Ausbreitung?
Konzepte, wie sich die Ausbreitung resistenter Erreger in Kliniken verhindern ließe, sind hinlänglich bekannt. Sie beruhen auf drei Säulen:
- Patienten testen
- im Zweifelsfall isolieren
- gezielt behandeln
Das Prinzip hat sich in den skandinavischen Staaten bewährt, verursacht aber – vordergründig betrachtet – zunächst einmal zusätzlichen Mehraufwand und Kosten. Dass sich der Einsatz im wahrsten Sinn des Wortes aber jedenfalls ‚lohnt‘, wird oft erst nach einigen Jahren ersichtlich – ein Problem, wenn man mit Jahresbudgets haushalten muss.
Patienten testen!
Die bisherigen Tests waren teuer und wurden nur punktuell eingesetzt. Die steirische Forschungsgesellschaft Joanneum Research hat nun das Projekt ‚R2R Biofluicides‘ initiiert. Der Begriff „Biofluidics“ umfasst dabei die Anwendung und Kombination von Mikrofluidik, einer Methode, die sich mit dem Verhalten von Flüssigkeiten auf kleinstem Raum beschäftigt.
Durch den Einsatz eines speziellen ‚Rolle-zu-Rolle-Prägeverfahrens‘ – daher der Begriff ‚R2R‘ – können die zur Testung notwendigen Kunststofffolien mit hochpräzisen Strukturen im Mikro- und Nanobereich großflächig und kostengünstig hergestellt werden.
R2R Verfahren
Das R2R Verfahren funktioniert im Grundprinzip so ähnlich wie moderne Zeitungsdrucktechnik. Es ermöglicht die Produktion von funktionellen mikrofluidischen Strukturen in großer Stückzahl zu einem relativ günstigen Preis. Die Mikrofluidik erlaubt dann eine sehr einfache Handhabung und schnelle Durchführung der diagnostischen Tests.
Durch zusätzliche optische Nanostrukturen können zudem auch bereits sehr geringere Konzentrationen der gefährlichen Keime nachgewiesen werden – ein weiterer großer Vorteil gegenüber den bisher angewendeten Testverfahren.
Schnelltestsysteme retten Leben
Schnelltestsysteme informieren darüber, welche Erreger und Resistenzen an einer Infektion beteiligt sind. Wie dramatisch Schnelltests die Verbreitung von Keimen verhindern können, zeigt die Entwicklung von MRSA. Um diesen Keim zu identifizieren, werden Patienten seit einiger Zeit bereits vor dem Krankenhausbesuch routinemäßig untersucht.
Innerhalb weniger Stunden kennen Ärzte und Pflegefachkräfte die Ergebnisse und können zeitgerecht geeignete Maßnahme ergreifen und weitere Ansteckungen verhindern.
Bislang dauerte es oft mehrere Tage, bis ein Keim identifiziert war – doch in manchen Fällen entscheiden diese wenigen Tage über Leben und Tod. ZUdem besteht in diesen Tagen auch noch ein nicht kontrolliertes Ansteckungsrisiko. Preisgünstige Schnelltests, wie das R2R Verfahren, tragen dazu bei, Menschenleben zu retten – und Kosten zu sparen!
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Quellen:
Modulare Mikrofluidische Systeme auf Kunststoff-Folien für die Bioanalytik
r2r-BioFluicides
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