Bis vor zwei Jahrzehnten galt es noch als sicher, dass es bei Multipler Sklerose kein Prodrom (also ein Symptom einer Krankheit, das dem voll ausgeprägten Krankheitsbild vorausgeht) gibt, doch nun hat eine Großauswertung einer Datenbank Forscher zum Umdenken bewogen. Forscher entdeckten nun, dass bestimmte Krankheiten statistisch häufiger bei künftigen MS Patienten auftreten und Multiple Sklerose ankündigen können.
Bisher waren Kribbeln in Armen und Beinen und Sehschwächen typische Warnzeichen für Multiple Sklerose. Auch Taubheit und Schwindelgefühle können schon früh auf die Multiple Sklerose (MS) hinweisen.
All diese Symptome können ganz unterschiedlich ausfallen, je nachdem welche Areale des Nervensystems die chronische Entzündung betrifft. Vor allem aber, weisen sie auf die bereits bestehende Krankheit hin taugen also nicht als ein sogenanntes Prodrom, also ein Symptom einer Krankheit, das dem voll ausgeprägten Krankheitsbild vorausgeht.
Forscher von der Universität von British Columbia in Kanada haben nunmehr Hinweise gefunden, dass es doch statistisceh Häufungen bestimmter Krankheiten vor dem Ausbruch von MS gibt, die daher als Warnzeichen taugen könnten.
Multiple Sklerose
Multiple Sklerose – kurz MS – ist eine chronische, nicht heilbare entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems.
Bei MS treten an verschiedenen Stellen des Gehirns und/oder des Rückenmarks akute Entzündungsherde auf, die nach Abheilung eine Verhärtung hinterlassen. Multiple Sklerose (MS) ist eine Autoimmunerkrankung, die von Patient zu Patient sehr unterschiedlich verläuft.
Abhängig davon an welcher Stelle des zentralen Nervensystems die Entzündung auftritt, können die Krankheitszeichen von Sehstörungen, über Gefühlsstörungen und Schmerzen in Armen und Beinen bis hin zu Lähmungserscheinungen, Schwindel und Zittern reichen.
Menschen mit MS können auch zu spontanen Stimmungsschwankungen neigen. Häufig verläuft die Erkrankung schubweise mit beschwerdefreien Intervallen zwischen den akuten Krankheitsphasen. Bei anderen Verläufen fehlen diese beschwerdefreien Intervalle. Bei allen Verlaufsformen kann es zu bleibenden Funktionseinschränkungen wie beispielsweise Geh- und Sehstörungen kommen.
Für andere neurologische Erkrankungen, wie Alzheimer oder Parkinson, gilt die Tatsache, dass es Warnzeichen vor den ersten klassischen Krankheitssymptomen gibt, als allgemein akzeptiert. Für Multiple Sklerose weiß man aber bisher wenig darüber, ob ein sogenanntes Prodrom existiert.
Nun führt die Auswertung einer großen Datenbank zu neuen Erkentnissen. Während der fünf Jahre vor einer MS-Erkrankung leiden Betroffene deutlich häufiger an bestimmten Erkrankungen und Problemen, so Forscher von der Universität von British Columbia in Kanada.
Sie sind überzeugt, dass Multiple Sklerose sich durch Warnzeichen ankündigt. Es wurden Erkrankungen gefunden, die vor dem Ausbruch von MS statistisch signifikant häufiger bei zukünftigen MS-Patienten auftraten, darunter Fibromyalgie, Reizdarm, aber auch Migräne und diverse Angststörungen.
Forscher werteten Daten aus großer nationaler Datenbank aus
Die Untersuchung basiert auf der bisher größten Bemühung, Symptome von Menschen zu dokumentieren, bevor sie wissen, dass sie MS haben. Dazu werteten die kanadischen Forscher die Daten aus der Zeit von 1984 bis 2014 von 14000 Kanadiern mit Multipler Sklerose aus und vergleichen diese mit den Daten von 67000 Kanadiern ohne MS.
Fibromyalgie und Reizdarm deutlich häufiger bei späteren MS-Patienten
Im Vergleich zu den Menschen ohne MS hatten MS-Patienten in den fünf Jahren vor ihrer MS-Diagnose oder ersten klassischen Symptomen mehr als dreimal so häufig mit Fibromyalgie zu tun, eine Erkrankung, die sich durch Schmerzen in Muskeln und Knochen auszeichnet. MS-Patienten litten in diesem Zeitraum außerdem fast doppelt so oft unter einem Reizdarm-Syndrom.
Auch Migräne und psychische Erkrankungen häufiger
Auch Migräne und jegliche Stimmungs- oder Angststörung wie Depressionen, Ängste und bipolare Erkrankungen traten bei den späteren MS-Patienten in den fünf Jahren vor dem Beginn der Multiplen Sklerose deutlich häufiger auf als bei Menschen ohne MS.
Die größere Häufigkeit dieser Erkrankungen bei späteren MS-Patienten spiegelte sich auch in einem größeren Bedarf von Medikamenten für Erkrankungen des Nervensystems, des Bewegungsapparats und des Urogenitaltrakts sowie Antidepressiva und Antibiotika wieder.
Forscher sind überzeugt: Es gibt mögliche Warnsignale für MS
Ergebnisse der Studie deuten damit darauf hin, dass sich die spätere Diagnose einer Multiplen Sklerose bereits bis zu fünf Jahre vor den ersten klassischen MS-Symptomen durch Warnsignale bemerkbar macht. Wären Ärzte in der Lage, ein Frühstadium von MS festzustellen, könnte die Erkrankung früher behandelt werden und vermutlich Schäden im zentralen Nervensystem verlangsamt werden.
Weiter Untersuchungen nötig, um mehr Wissen zu schaffen
Dafür ist aber weitere Forschung nötig. Die kanadischen Forscher wollen weitere Untersuchungen dazu durchführen und dabei auch untersuchen, ob es möglicherweise Muster gibt, die für Frauen und Männer, das Alter oder die Verlaufsform der MS unterschiedlich sind.
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Quellen:
¹ www.deutschesgesundheitsportal.de
² Originalstudie: Five years before multiple sclerosis onset: Phenotyping the prodrome. Mult Scler. (Wijnands JM, Zhu F, Kingwell E, Zhao Y, Ekuma O, Lu X, Evans C, Fisk JD, Marrie RA, Tremlett H.; 2018 Jul 1:1352458518783662. doi: 10.1177/1352458518783662
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