Sind Fruktane das neue Gluten?

Politik & Forschung

Norwegische Forscher haben Indizien dafür gefunden, dass Menschen, die meinen, unter einer Unverträglichkeit gegen das Getreide-Klebereiweiß Gluten zu leiden, eigentlich auf einen ganz anderen Nahrungsbestandteil negativ reagieren. Experten rund um Gry Skodje an der University of Oslo fanden heraus, dass Symptome vermeintlicher Glutenunverträglichkeit eigentlich auf Zuckermoleküle – sogenannte Fruktane – zurückzuführen sein könnten.

Was sind Fruktane

Fruktane ist der Sammelbegriff für eine Gruppe von Mehrfachzuckern (Polysacchariden), die fast ausschließlich aus Fruchtzucker, also Fructose bestehen. Diese Gruppe wasserlöslicher Zucker werden aus kurzen Fruktosemolekülketten gebildet und in etlichen Pflanzen wie Zwiebel, Artischocken, Knoblauch, Chicorée sowie verschiedenen Weizen-Arten als Kohlenhydrate gespeichert.

Diese auch Inuline genannten Bausteine sind unverdauliche Ballaststoffe und wirken wachstumsfördernd auf bestimmte Mikroorganismen im Darm. Diesen wiederum wird nachgesagt, eine probiotische Wirkung zu entfalten und gesundheitsfördernd bzw. krankheitsvorbeugend zu wirken.

Bekannt sind Inuline durch Yoghurts und anderen Milchgetränken ‚mit probiotischer Wirkung’. Die meist aus Chicorée gewonnenen Inuline – oder andere Polyfructosen – werden den Nahrungsmitteln extra beigesetzt um den gesundheitlichen Wert zu erhöhen.

Fruktane als Auslöser für Unverträglichkeiten

Die norwegischen Studien geben nun Anlass zu überprüfen, ob jene rund ein Prozent der Weltbevölkerung, die an der Autoimmunkrankheit Zöliakie, bedingt durch Glutenunverträglichkeit leidet, eigentlich auf einen anderen Nahrungsbestandteil reagieren.

Die durch die Unverträglichkeit ausgelösten Verdauungsprobleme, die wiederum zu einer chronischen Entzündung der Dünndarmschleimhaut führen, könnten ihren Ursprung nämlich auch woanders – in einer Unverträglichkeit gegenüber Fruktanen – begründet haben.

Tatsache ist: weit mehr Menschen als jene ein Prozent mit Diagnose Zöliakie leiden nach dem Konsum getreidehaltiger Produkte an glutenunverträglichkeit-ähnlichen Problemen. Der ‚Übeltäter‘ dafür könnten die Zuckermoleküle Fruktane sein.

Testreihe zeigt eindeutige Ergebisse

In der skandinavischen Testreihe wurden rund 60 Testpersonen die über Glutensensibilität geklagt, aber keine Zöliakie Diagnose hatten, angehalten, drei verschiedene Müsliriegel zu essen – einen glutenhaltigen Riegel, einen mit Fruktanen und einen frei von beidem.

Bei dieser Blindstudie – keiner der Teilnehmer der einwöchigen Studie wusste, welcher Riegel welche Inhaltsstoffe hatte – fanden die Forscher heraus, dass die fruktanhaltigen Riegel im Vergleich zu den neutralen Riegeln einen 13 prozentigen Anstieg an Verdauungsprobleme verursachten. Der Gluten-Riegel hatte hingegen keinen Effekt, wie die Forscher nun im Journal „Gastroenterology“ berichten.

Weitreichende Auswirkung auf Diätempfehlungen

Diese Erkenntnis kann weitreichende Auswirkungen auf Diätempfehlungen und somit auf das Darmwohlbefinden einer beträchtlichen Anzahl von Menschen haben. Viele Produkte, die als Alternative zu glutenhaltigen Lebensmitteln angeboten werden, wie z.B. Kichererbsen-Chips oder auch vermeintlich unbedenkliche Nahrungsmittel wie Zwiebel oder Knoblauch enthalten nämlich sehr wohl Fruktane.

Vermeintlich glutenunverträgliche Menschen, die aufgrund ihrer Übersensibilität oder Allergie bisher getreidehaltige Produkte gemieden haben, müssen möglicherweise umdenken und andere Lebensmittel von ihren Speiseplan streichen um auf Nummer sicher zu gehen. Andererseits können sie vielleicht auch wieder einige Nahrungsmittel ohne Bedenken zu sich nehmen – Man darf gespannt sein auf weitere Ergebnisse.

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Quelle:

¹ Gastroenterology: Fructan, Rather than Gluten, Induces Symptoms in Patients With Self-reported Non-celiac Gluten Sensitivity

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