(Nicht nur) Palmöl im Visier – neue WWF Studie

Politik & Forschung

Deutliche Senkung des Bedarfs und nachhaltiger Anbau aller Pflanzenöle für Eindämmung der Umweltprobleme dringend notwendig!

Der WWF präsentierte eine neue Studie, die die ökologischen Effekte eines Palmölverzichtes und –ersatzes untersucht. Das Ergebnis: Die Nutzung von Ersatz-Ölen wie Kokos-, Soja-, Sonnblumen- und Rapsöl würde eine um ein Vielfaches größere Anbaufläche benötigen. Das bringt einen Anstieg an Treibhausgasemissionen mit sich und bewirkt eine zusätzliche Bedrohung für Tier- und Pflanzenarten.

Positive Effekte eines möglichen Palmölverzichtes?

„Die inflationäre Nutzung von Palmöl hat katastrophale Folgen für die Natur. Ein simpler Ersatz durch andere Pflanzenöle würde Umweltprobleme aber nur verlagern. Wir müssen unseren Bedarf drastisch senken und alle Ölpflanzen inklusive Palmöl nachhaltiger anbauen”, fasst Friederike Klein, WWF Referentin für Palmöl, zusammen.

Weltweit wird Palmöl auf einer Fläche von über 17 Millionen Hektar angebaut, hauptsächlich in Indonesien und Malaysien. Oft werden für den wachsenden Bedarf Palmöl ’neue‘ Wald- und Torfböden für den Anbau neuer Palmen genutzt – mit schlimmen Folgen für die Biodiversität und das Klima. Darum scheint der Ersatz von Palmöl oft eine naheliegende Lösung.

Die neue WWF-Studie greift diesen Vorschlag auf und eruiert dessen Effekte für Flächenbedarf, Treibhausgasemissionen und Biodiversität. Zusammengefasst ergibt die Untersuchung, dass ein Komplettaustausch von Palmöl durch Ersatzöle rund 1,4 Millionen Hektar mehr Anbaufläche in Anspruch nehmen würde!

Das ist darauf zurückzuführen, dass keine andere Pflanze auf einem Hektar Land so hohe Erträge wie die Ölpalme erzielt. Raps, Kokos und Sonnenblume bringen nur rund 0,7 Tonnen Öl pro Hektar; Soja sogar noch weniger. Zum Vergleich: Die Ausbeute bei Ölpalmen liegt bei durchschnittlich 3,3 Tonnen pro Hektar.

Gravierende negative Effekte prognostiziert die Studie auch für die biologische Vielfalt. Durch den zusätzlichen Flächenbedarf würden weltweit Ökosysteme zusätzlich unter Druck geraten. Dies trifft insbesondere bei einem Ersatz durch Kokos- und Sojaöl zu, die ebenfalls im tropischen Gürtel der Erde angebaut werden. So müsste bei einem Palmöl-Aus selbst Indonesien, das derzeit wichtigstes Anbauland für Ölpalmen, mit negativen Effekten für seine ohnehin stark bedrohte Fauna und Flora rechnen.

Generelles Umdenken erforderlich

Palmöl ist allgegenwärtig – und das nicht nur in Nahrungsmitteln, sondern zum Teil auch in Biokraftstoffen. Als langfristige Lösung für die Palmöl-Herausforderungen fordert der WWF daher ein radikales Umdenken in der Palmölnutzung:

  • Unser Konsumverhalten muss sich drastisch ändern: Ein großer Teil des Palmölverbrauchs ließe sich einsparen, wenn wir auf Palmöl als Biokraftstoff verzichten und Lebensmittel bewusster konsumieren: weniger Süßes und Fettiges, frische Lebensmittel statt Fertigprodukte und weniger, dafür besseres Fleisch.
  • Die Anbaubedingungen von Palmöl, aber auch von Ersatzölen, müssen rasch und drastisch verbessert werden. Als Mindeststandard gilt der Roundtable on Sustainable Palm Oil (‚RSPO‘), um Palmöl nachhaltig produzieren zu können, braucht es aber noch mehr. Der WWF fordert strengere Zusatzkriterien, wie sie zum Teil schon von Initiativen wie die Palm Oil Innovation Group POIG und dem Forum nachhaltiges Palmöl (FONAP) umgesetzt werden.
  • Unternehmen müssen eine nachhaltigere Einkaufspolitik an den Tag legen. Palmöl und alle anderen Pflanzenöle müssen aus umwelt- und sozialverträglichen Quellen stammen.
  • Die Politik muss mit verpflichtenden Gesetzen und Richtlinien für Nachhaltigkeitskriterien von Pflanzenölen Stellung beziehen.

Exkurs Palmölinitiativen

Ziel des FONAP, des „Forums Nachhaltiges Palmöl“ ist es, den Anteil von segregiertem, zertifizierten Palmöl und Palmkernöl oder entsprechender Derivate im deutschen, österreichischen und Schweizer Markt signifikant zu erhöhen und möglichst schnell 100% segregiertes, zertifiziertes Palmöl und Palmkernöl für diese Märkte verfügbar zu machen.

RSPO, der „Roundtable on Sustainable Palm Oil“, hat rund 2,500 Mitglieder weltweit und vertritt nicht nur Palmölproduzenten, sondern Vertreter der gesamten Herstellungs- und Vertriebskette, die sich alle den Nachhaltigkeitsgedanken verpflichtet fühlen und gemeinsame Standards entwickeln.

Die „Palm Oil Innovation Group“ (POIG) unterstützt den RSPO auf wissenschaftlicher Seite. Hier werden rund um die Themenfelder ‚Umweltverträglichkeit‘, ‚Zusammenarbeit‘, und ‚Unternehmens- und Produktintegrität‘ Standards entwickelt, Innovationsprozesse initiiert, an deren Implementierung gearbeitet und nichts zuletzt Öffentlichkeitsarbeit geleistet.

Hintergrund WWF-Studie „Auf der Ölspur“

Für die WWF-Studie wurden Möglichkeiten und Auswirkungen einer Substitution von Palmöl durch andere pflanzliche Öle untersucht. Erstmals gelang es 98 Prozent des deutschen Palmölverbrauchs von jährlich knapp 1,8 Mio. Tonnen zu ermitteln. Anschließend wurde geprüft, welche Öle technisch geeignet sind, Palmöl zu ersetzen und welche Effekte dies auf Flächenbedarf, Treibhausgasemissionen und Biodiversität hätte. Dafür wurden zu jeweils realistischen Anteilen Soja, Kokos, Raps und Sonnenblume auf die Sektoren umgelegt.

In einem zweiten Ansatz wurde durchgerechnet, ob Deutschland theoretisch seinen Bedarf nur durch heimische Pflanzenöle decken könnte. Dafür müsste die Anbaufläche in Deutschland um 730.000 Hektar ausgeweitet werden. Das entspräche der doppelten Größe Mallorcas. Auch bei diesem Ansatz würden mehr Treibhausgase freigesetzt. Global betrachtet könnten jedoch positive Effekte für die Biodiversität erwartet werden. Hierzulande sind allerdings – jenseits der Flächenproblematik – negative Auswirkungen für Fauna und Flora zu befürchten.

In beiden Modellen wird eine Substitution durch Erdöl ausgeschlossen, da die fossile Rohstoffgewinnung keine Alternative darstellt. Ein Palmöl-Aus darf daher nicht dazu führen, dass in Kerzen oder Reinigungsmittel wieder Erdöl verwendet wird. Zudem gilt für beide Berechnungen die optimistische Prämisse, dass 500.000 Tonnen Palmöl im Bioenergie-Sektor durch Alt-Fette ersetzt werden. Diese finden allerdings bereits heute in der chemischen Industrie z.B. als Schmierstoffe Verwendung und stehen daher nicht unbegrenzt zur Verfügung.

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Quelle:

¹ Roundtable on Sustainable Palm Oil
² Palm Oil Innovation Group
³ WWF – Palmölinitiative

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