Omikron-Subtyp BA.2 auf dem Vormarsch

Politik & Forschung

Das Coronavirus mutiert ständig. Nach Alpha und Beta kam Delta, auch Gamma, Lambda, Epsilon und Iota kursieren in Teilen der Welt. Seit Omikron auf den Plan getreten ist, ist Delta etwa in Deutschland fast vollständig verschwunden.

Nun steht schon die nächste Virusmutante davor, von einer eigenen Sub-Variante abgelöst zu werden: Der als BA.2 bezeichnete Typus taucht verbreitet im Abwasser auf, das zeigen sogenannte Abwasser-Screenings.

Proben aus Kläranlagen zum Nachweis von Omikron BA.2

Ähnlich wie zuvor in Dänemark breitet sich auch in Deutschland ein weiterer Subtyp der Omikron-Variante schnell aus: BA.2. Das ergab die Auswertung von Abwasserproben am MDC in Kooperation mit den Berliner Wasserbetrieben und dem Berliner Labor der amedes-Gruppe.

Wissenschaftler des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC), der Berliner Wasserbetriebe (BWB) und des Laborunternehmens amedes konnten nun im Berliner Abwasser die Omikron-Untervariante BA.2 nachweisen: Anfang Januar war der Anteil kaum sichtbar, doch bereits am 13. Januar ungefähr machte BA.2 sechs und am 19. Januar ungefähr zwölf Prozent aus. Er wächst also schnell an.

Auch in Österreich zeigen Untersuchungen von Proben aus rund 100 Kläranlagen diesen Trend. In Klagenfurt und Dornbirn beträgt der BA.2-Anteil bereits jeweils rund 30 Prozent. [Stand: 5.2.2022]

Was man bisher über Omikron-Subtypen BA.2 weiß

Von Omikron sind bislang zwei Untertypen bekannt, BA.1 und BA.2. Die beiden Subtypen unterscheiden sich in etwa 20 Mutationen voneinander. Konkret sind 18 Veränderungen des Spike-Proteins festgemacht werden.

Zum Vergleich: Die Delta-Variante hat insgesamt nur acht Mutationen im Spike-Protein gegenüber dem ursprünglichen Virus aufgewiesen.

Was das konkret bedeutet ist noch Gegenstand von laufenden Untersuchungen. Denkbar sei, dass BA.2 einem aufgebauten Immunschutz noch besser entkommen kann. Das könne bedeuten, dass Menschen, deren Immunität eine Infektion mit BA.1 noch abwehren konnte, vielleicht vor einer BA.2-Infektion weniger gefeit sind. Diesen Verdacht äußert jedenfalls der Genetiker Ulrich Elling vom Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW).

Auch ob BA.2 noch infektiöser sein und sich schneller vermehren könnte, ist bisher unklar. Offenbar hat aber auch innerhalb der Omikron-Variante ein Verdrängungswettbewerb begonnen.

In Dänemark und in Südafrika hat BA.2 den Subtyp BA.1 jedenfalls bereitsb nahezu verdrängt, in Großbritannien nimmt der Anteil von BA.2 seit Anfang Januar ebenfalls schnell zu.

Eine Untersuchung dänischer Forscher*innen zeigt, dass BA.2 sich offenbar noch schneller verbreitet als BA.1. „Es ist möglich, dass BA.2 die derzeitige Omikron-Welle etwas verlängert“, sagt der MDC-Molekularbiologe Dr. Emanuel Wyler aus der Arbeitsgruppe „RNA-Biologie und Posttranscriptionale Regulation“ von Professor Markus Landthaler.

„Die bisherigen Daten aus Großbritannien und Dänemark deuten aber eher darauf hin, dass bezüglich Krankheitsschwere und Wirkung der Impfung BA.1 und BA.2 vergleichbar sind.“

Abwasser-Screening als basis für Corona-Frühwarnsystem

eit mehr als einem Jahr suchen die Forschenden im Berliner Abwasser nach dem Erbgut des Coronavirus. Einmal wöchentlich bereiten die Berliner Wasserbetriebe, die aktuell eine eigene Virus-Sequenzierung in ihrem Labor einrichten, Abwasserproben auf und senden diese ans BIMSB sowie an amedes.

Die Wissenschaftler reichern die Viruspartikel an und vervielfältigten das Virus-Erbgut mithilfe der PCR. In einem nächsten Schritt können sie mit Hochdurchsatz-Sequenzierungen sehen, welchen Anteil die einzelnen Virusvarianten unter den gefundenen Coronaviren ausmachen.

Werden Proben aus dem Hals-Rachenraum sequenziert, wird bislang nicht zwischen Virusvarianten unterschieden. Abwasseranalysen machen das leichter: „Für ein aussagekräftiges Ergebnis über die Verbreitung neuer Virusvarianten müssen deutlich weniger Proben untersucht werden als bei der Analyse von Nasen-Rachenabstrichen“, sagt Markus Landthaler. „Außerdem können sie zur Frühwarnung dienen, da sie mit einigen Tagen Vorsprung zeigen, welche Variante im Umlauf ist.

Die Daten zu BA.2 zeigen, wie empfindlich und effizient das Abwasser-Monitoring ist beim Bestimmen von Krankheitserregern. Das ist auch über SARS-CoV-2 hinaus von Bedeutung.“

Untersuchungen des Abwassers sind in Deutschland noch nicht als Teil eines Corona-Frühwarnsystems etabliert – weder für bekannte noch für ganz neue Virusvarianten. Das könnte sich jetzt ändern: Berlin ist einer von 20 Pilotstandorten im Abwasser-Monitoring-Programm, das von unterschiedlichen Ministerien und mithilfe von EU-Mitteln gefördert wird.

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Quellen:

¹ Vic-Fabienne Schumann, Rafael Ricardo de Castro Cuadrat, Emanuel Wyler et al. (2021): „COVID-19 infection dynamics revealed by SARS-CoV-2 wastewater sequencing analysis and deconvolution“. MedRxiv, DOI: 10.1101/2021.11.30.21266952

Hinweis: Es handelt sich um Zwischenergebnisse und ein Manuskript, das auf einem Preprint-Server der Wissenschaft zur Verfügung steht. Bislang gab es noch keine wissenschaftliche Begutachtung der Methode (Peer Review). Bis zur offiziellen Veröffentlichung kann noch einige Zeit vergehen, möglicherweise müssen die Autor*innen das Manuskript anpassen und / oder erweitern. Da das Thema aufgrund der besorgniserregenden Omikron-Variante derzeit sehr dringlich ist, stellt das MDC es dennoch hier vor.

² BA.2 might be more immune evasive in RBD, less in NTD. (Ulrich Elling = @EllingUlrich = 12. Januar 2022)
³ Deutsches Gesundheitsportal / HealthCom

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