Als Biomarker werden in der Medizin messbare Parameter bezeichnet, die charakteristische biologische Merkmale als Referenz für Körperprozesse und Krankheitszustände im Körper ausgeben. Biomarker sind wichtige Auskunftsparameter für die Prognose und Diagnostik und damit unverzichtbare Werkzeuge der modernen Medizin. Im Interview mit vielgesundheit.at geben Prim. Univ. Prof. Dr. Kurt Huber, Univ. Doz. Dr. Wolfgang Hübl, und OA Dr. Rudolf Jarai Auskunft über Funktion und Nutzen von Biomarkern in der Medizin.
Diagnostische Biomarker ermöglichen es unter anderem die Erkrankung eines Patienten innerhalb einer Gruppe von ähnlichen Krankheiten genau zu definieren. Besonders bewährt ist die Diagnose mittels Biomarker beim Herzinfarkt (Myokardinfarkt). Sie gilt neben dem Herzultraschall (Echokardiographie) als besonders effektives diagnostisches Verfahren in diesem Bereich. Das Potenzial von Biomarkern zur frühzeitigen Erkennung von Anomalien im menschlichen Körper wird allerdings als noch weit höher eingeschätzt. Universitätsdozent Doktor Wolfgang Hübl ist der Institutsleiter im Zentrallabor des Wiener Wilhelminenspitals und forscht an der Entwicklung neuer Biomarker.
Interview über Biomarker mit Univ. Doz. Dr. Wolfgang Hübl
Dr. Hübl: Ein Marker soll uns im weitesten Sinn Auskunft über den Zustand des Patienten geben. Über das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Krankheit, über die Schwere einer Erkrankung und über die Wirksamkeit einer Therapie. Das sind die wesentlichsten Funktionen eines Markers.
Anmerkung: Am Beispiel der Herzinfarkt-Diagnostik lässt sich gut erkennen wie wichtig diese Marker aber sein können, denn nicht immer hat ein Patient eindeutige EKG-Veränderungen, die gesichert auf einen Infarkt schließen lassen. Gerade am Beginn eines solchen Geschehens, wo zwar bereits Herzmuskelzellen absterben, aber der klinische Nachweis noch nicht hundertprozentig möglich ist, wollen die Kardiologen rasch Klarheit erlangen. Immerhin geht es darum frühzeitige, lebensentscheidende Therapiemaßnahmen einzuleiten, um schlimmeres verhindern zu können.
Dr. Huber: Hier ist es entscheidend einen spezifischen Marker zu kennen, der eine untergegangene Herzmuskelzelle oder Stoffe, die aus dieser Zelle frei werden messen kann. Diese Marker haben wir seit vielen Jahren zur Verfügung.
Anmerkung: Dieser sogenannte Troponin-Test stellt bisher den Goldstandard beim akuten Koronarsyndrom dar, weil er imstande ist Aufschluss über absterbende Herzmuskelzellen zu geben. Aber auch er kann anfangs negativ sein.
Dr. Hübl: Und damit wird die Herzinfarkt-Diagnostik etwas verzögert. Die neuen Marker gehen in andere Richtungen. Das Copeptin ist zum Beispiel kein Marker für absterbende Herzmuskelzellen, sondern ein Maß für die Reaktion des Organismus auf das Ereignis „Infarkt“. Also eine Art Maß für die Stressreaktion, die der Körper nach dem Eintreten des Infarkts durchmacht. Das ist natürlich etwas, dass sofort nach dem Infarkt beginnt. Das Neue an dem Marker Copeptin ist, dass er schon Minuten nach dem Infarkt nachweisbar ist.
Anmerkung: Damit gibt es schon innerhalb Minuten ein Ergebnis, das die weitere Therapie entscheidet. Assistenzarzt Doktor Rudolf Jarai erklärt warum es so wichtig ist eine rasche und vor allem richtige Diagnose zu treffen.
Dr. Jarai: Es kann sein, dass man den Verdacht hat, man behandle ein akutes Koronarsyndrom, dabei hat der Patient aber eigentlich eine Pulmonalembolie oder Ähnliches. Das hat eine Verzögerung der richtigen therapeutischen Schritte zur Folge.
Anmerkung: Ähnlich ist die Nachweisproblematik bei Patienten mit Herzschwäche. Wenn diese noch nicht wesentlich symptomatisch manifestiert ist, aber der Verdacht dahingehend besteht, sind nachweise der Herzleistung und auch der Gefäßsituation oft nur mit sehr aufwendigen Diagnoseverfahren zu erbringen. Eine groß angelegte, weltweite Studie hat nun im Hinblick auf zwei neue Marker vielversprechende Ergebnisse gebracht.
Dr. Jarai: In dieser Studie wurde bei 1500 Patienten untersucht, ob man mit Bestimmung von sogenanntem Pro-ANB (Pro-Adrenomedullin) die Diagnose der akuten Herzschwäche schneller stellen kann um dadurch zu raschen therapeutischen Maßnahmen kommen zu können.
Dr. Hübl: Die weichen Plaques und die Verengungen der Gefäße haben in dieser Studie mit dem Adrenomedullin-Spiegel korreliert. Das ist natürlich ein faszinierender Gedanke, wenn wir mit einem einfachen Labortest den Zustand der Koronargefäße und vielleicht auch anderen Gefäßen beurteilen können, da das sowohl der Wunsch des behandelnden Arztes ist, als auch vieler Menschen, die wissen wollen wie ihre Gefäße beisammen sind.
Anmerkung: Genau das kann zukünftig vor allem die prognostische Beurteilung einer Krankheit erleichtern. Es liefert also nicht nur Diagnosewerte, sondern auch eine Prognose, wie sich die Herzinsuffizienz mitunter weiterentwickeln kann.
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