Ebola, MERS & Co. – Gefährlichen Infektionskrankheiten auf der Spur

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Infektionskrankheiten überschreiten alle nationalen und regionalen Grenzen. Für die Forschung und Entwicklung effektiver Langzeit-Lösungen sind ein internationaler wissenschaftlicher Austausch und Kooperationen unerlässlich. Aus diesem Grunde versammelt die Internationale Gesellschaft für Infektionskrankheiten (International Society for Infectious Diseases, ISID) und ihr Monitoring-Programm ProMED im Rahmen des jährlich stattfindenden IMED (International Meeting on Emerging Diseases and Surveillance) Wissenschafts- und Gesundheitsexperten aus aller Welt, um neue Daten und Fakten sowie mögliche Lösungen für Bedrohungen durch Ebola, MERS und andere neue Infektionskrankheiten zu präsentieren und zu diskutieren.

Was ist wirklich dran an der Ebola-Krise un ihren Auswirkungen auf Europa? Ist alles nur mediale Panikmache, oder besteht tatsächlich Grund zur Besorgnis? Und welche gefährlichen Infektionskrankheiten lauern noch auf einen Ausbruch?

„Die meisten Infektionskrankheiten, bereits bekannte ebenso wie neuauftretende, sind entweder Zoonosen – d.h. von Tieren direkt auf Menschen übertragbare Erkrankungen wie Ebola oder Vogelgrippe – oder sogenannte „Vector borne diseases“ – das sind meist durch Vektoren wie v.a. Stechmücken indirekt von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten wie Dengue, Chikungunya oder West-Nil-Fieber“, erklärte Univ.-Prof. Dr. Norbert Nowotny, Institut für Virologie, Vetmeduni Wien.

Positives Beispiel Nigeria

Am Beispiel Nigerias demonstrierte Oyewale Tomori, DVM, PhD (Nigeria), Präsident der Nigerian Academy of Science, wie die Eindämmung einer Ebola-Epidemie gelingen kann. „Am 20. Juli 2014 kam ein akut erkrankter Patient aus Liberia auf dem internationalen Flughafen von Lagos, Nigeria, an. Die Diagnose einer Ebola-Erkrankung wurde nach Aufnahme in einem Privatkrankenhaus bestätigt“, so Tomori. Dieser Index-Patient hatte 72 Personen am Flughafen und im Krankenhaus potenziell exponiert. Das Bundesministerium für Gesundheit rief in Rücksprache mit dem nigerianischen Zentrum für Krankheitsbekämpfung (Nigeria Center for Disease Control, NCDC) einen Ebola-Notfall aus.

Bereits am 23. Juli installierte das nigerianische Bundesministerium für Gesundheit gemeinsam mit der Regierung des Staates Lagos und internationalen Partnern ein Ebola-Kriseninterventionszentrum als Vorläufer des aktuell bestehenden Katastrophenschutzzentrums (Emergency Operations Center, EOC).

Der Index-Patient verstarb am 25. Juli. In Folge traten 20 weitere Ebola- Infektionen in Nigeria auf. Alle Infektionen konnten zum Indexpatienten zurückgeführt werden. Knapp 900 identifizierte Kontaktpersonen standen in diesem Zeitraum unter Beobachtung. Acht Patienten verstarben (sieben mit bestätigter, einer mit wahrscheinlicher Ebola-Erkrankung).

Am 20. Oktober 2014 erklärte die WHO Nigeria offiziell für Ebola-frei. „Diese rasche Bekämpfung des Ebola-Ausbruches ist in hohem Maße dem frühzeitig eingerichteten Kriseninterventionszentrums (EOC) zu verdanken, das mit Hilfe eines Incident Management Systems (IMS) die Koordination der Maßnahmen sowie konsolidierte Entscheidungen ermöglichte“, resümierte Tomori.

One-Health-Konzept

„Auch wenn uns derzeit die Ebola-Epidemie weltweit in Atem hält, dürfen wir nicht auf andere dramatische Seuchenausbrüche der letzten Jahre vergessen. Diese verursachten teilweise ungleich mehr Erkrankungen und Todesfälle, beispielsweise Chikungunya-Fieber in Süd- und Mittelamerika oder Cholera in Haiti“, betonte Lawrence Madoff, MD (USA), Herausgeber von ProMED-mail. Der Experte betonte die Bedeutung des One-Health-Konzeptes, das auf dem Wissen beruht, dass die menschliche Gesundheit eng mit jener von Tieren und der Umwelt verbunden ist.

„Vor diesem Hintergrund fördert der One-Health-Ansatz gemeinsame Anstrengungen von lokalen, nationalen und globalen humanen, veterinären und Umwelt-Gesundheitsinstitutionen, um die Gesundheit von Menschen, Tieren und Umwelt zu optimieren.“ Als Reaktion auf neuauftretende Infektionskrankheiten und Seuchenausbrüche wird der One-Health-Ansatz mittlerweile von namhaften Institutionen wie der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE), der Centers for Disease Control (CDC) und der Europäische Union unterstützt.

Seuchenvorbeugung als gemeinsames Ziel

„Von zentraler Bedeutung ist, dass wir nicht auf neue Seuchenausbrüche warten, sondern von Vorneherein gemeinsam geeignete Maßnahmen ergreifen, um sie zu verhindern“, betonte William Karesh, DVM (USA), EcoHealth Alliance, Stv. Vorsitzender für Gesundheit und Politik. Dazu sei breitere und profundere Kenntnis über die Mechanismen des Neuauftretens und der Ausbreitung von Infektionskrankheiten erforderlich. „Weiters müssen wir unsere Überwachungsstrategien zielgerichteter fokussieren, um die verfügbaren Ressourcen zu maximieren und die Implementierung von Präventionsstrategien gegen neu auftretende Infektionskrankheiten nach unserem jeweils aktuellsten Wissensstand ausweiten“, so Karesh.

„Epidemie der Panik“

Täglich sind die Medien voll mit Neuigkeiten über Ebola. „Neben der tatsächlichen Epidemie in Westafrika breitet sich eine Epidemie der Angst weltweit aus“, konstatierte Priv.-Doz. Dr. Pamela Rendi-Wagner, Leiterin der Sektion Öffentlicher Gesundheitsdienst und Medizinische Angelegenheiten im Bundesministerium für Gesundheit, Österreich. „Trotz aller Bemühungen der öffentlichen Gesundheitsbehörden, wirkungsvolle Maßnahmen gegen höchst infektiösen Erkrankungen wie Ebola zu setzen, können wir die aufsteigende öffentliche Panik oft nur schwer bewältigen.“

In Österreich sei es unter Angehörigen von Gesundheitsberufen sogar schon zu Kündigungen gekommen – aus Angst davor, im Falle des Falles einen Ebola-Patienten behandeln zu müssen. „Unsere Hauptaufgabe ist es daher, die verschiedenen angsterfüllten Argumente anzuhören und breit und offen zu informieren und zu kommunizieren, früh und transparent, um Vertrauen zu schaffen“, meinte die Expertin.

Hilfe vor Ort sinnvoller als Einreisekontrollen

Einhellig betonten die Experten, dass Einreise-Screenings auf internationalen Flughäfen zur Identifikation von Ebola-Infizierten wenig sinnvoll seien, nicht zuletzt, weil an Ebola bereits Erkrankte in der Regel reiseunfähig seien. Außerdem seien Einreisen aus westafrikanischen Ländern nach Europa und in die USA extrem selten. Rendi-Wagner: „Von drei Millionen Fluggästen, die seit Beginn der Ebola-Epidemie im März 2014 in Wien ankamen, waren nur 160 aus Westafrika.“ Während der SARS-Epidemie wurden auf internationalen Flughäfen 45 Millionen Menschen gescreent – dabei wurde ein Fall von SARS entdeckt.

Wesentlich sinnvoller sei es daher, das Geld anstatt in Screenings in Hilfsmaßnahmen direkt vor Ort zu investieren. „Am wichtigsten ist es, dort jede mögliche Hilfe zur Verfügung zu stellen, wo der Ausbruch begonnen hat: im Falle von Ebola in Westafrika“, betonte Jack Woodall, MD (Brasilien), Stv. Herausgeber von ProMED-mail.

So werde eine weitere Ausbreitung verhindert. „Die weitere Verbreitung kann gestoppt werden, wenn es uns gelingt, die Übertragungskette zu durchbrechen“, gab sich Woodall überzeugt. Von zentraler Bedeutung sei dabei die breite Aufklärung von Gesundheitspersonal und Bevölkerung über die Erkrankung und effektive Schutzmaßnahmen. Nach wie vor sind derzeit keine zuverlässigen Prognosen darüber möglich, wann ein Impfstoff gegen Ebola zur Verfügung stehen wird. De Clerck: „Für diesen Ausbruch wird vermutlich die Entwicklung einer wirkungsvollen und sicheren Vakzine zu spät kommen.“

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