Mitarbeitergesundheit leidet unter schlechtem Raumklima

Politik & Forschung

Über 7.000 Einzelmesswerte aus hunderten österreichischen Büroräumlichkeiten, vom Einzelunternehmer bis zum Konzern, zeigen ein beunruhigendes Bild. In über 80 % der teilnehmenden Büros ist zumindest einer der gemessenen Indikatoren punktuell überschritten worden. Die unabhängige Plattform ‚Meine Raumluft.at‘, die von Wissenschaft, Institutionen mit Bezug zum Thema Raumluft, Forschungseinrichtungen und Unternehmen getragen wird, warnt vor den negativen Auswirkungen auf die Produktivität der Mitarbeiter.

Letztes Jahr wurden österreichische Unternehmen dazu aufgerufen, sich an einer einzigartigen Aktion für Raumluftmessungen zu beteiligen. Dabei konnten kostenfrei Messgeräte angefordert werden, die CO2, Luftfeuchtigkeit, Raumtemperatur und Luftwechselrate erfassen. Diese Werte stellen einen sehr guten Indikator für die Beurteilung der Qualität der Raumluft dar. Jedes Messgerät wurde jeweils für eine Woche in einem Büroraum aufgestellt. Die Messwerte wurden vom Unternehmen erfasst, protokolliert und zur Auswertung an ‚Meine Raumluft‘ retourniert. Die Daten wurden dann in anonymisierter Form statistisch ausgewertet.

Und das ist die Situation in Österreichs Büroräumen: In mehr als jedem 5. Büro liegt der durchschnittliche CO2-Wert, der als Leitindikator für die Raumluftqualität herangezogen wird, über 1.000 ppm (ppm = Parts per Milion = Messeinheit für CO2). In jedem 13. Büro liegt dieser Wert sogar über 1.500 ppm. In der Heizperiode verschärft sich dieses Bild noch weiter: Hier liegt jedes 3. Büro über 1.000 ppm und mehr als jedes 10. über 1.500 ppm! Das sind die Durchschnittswerte – Einzelmessungen zeigten in so manchen Büros gar Werte über 2.500 ppm an.

Konzentrationskiller und Krankmacher

Bereits bei einem CO2-Wert von über 1.000 ppm liegt der Übergang von angenehmer zu unangenehmer Luftqualität und kann von den BüromitarbeiterInnen als störend empfunden werden. Werte, die über 1.500 ppm hinausgehen, können bereits zu einer Beeinträchtigung der Konzentrationsfähigkeit oder Kopfschmerzen führen. Zusätzlich gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen CO2-Konzentration und Infektionsrate. In der Folge kommt es zu höheren Ausfällen durch Krankenstände, die den Unternehmen zusätzliche Kosten verursachen.

Ein Fixpunkt für ein besseres Raumklima sind jedenfalls Pflanzen, vorallem solche mit großer Blattoberfläche und einen schnellen Stoffwechsel, so Manuela Lanzinier, Grünraumexpertin bei „die umweltberatung“. Geeignet seien etwa Ficus-Arten und Efeu. Auf größeren Blättern könne sich Staub mit Keimen lagern, so Lanzinger, und Schadstoffe werden dadurch aus der Luft gefiltert und durch die Enzyme in den Blättern abgebaut. Damit die Luft durch Pflanzen wirklich feuchter wird, empfiehlt „die umweltberatung“ etwa drei bis sechs größere Zimmerpflanzen für ein Zimmer mit 30 Quadratmetern. Dadurch könne eine ideale Luftfeuchtigkeit von 45 bis 55 Prozent erreicht werden.

Trockenes Betriebsklima in jedem 3. Büro

Neben dem CO2 spielt die Luftfeuchtigkeit in Büroräumen, vor allem in der Heizperiode und beim Einsatz von Klimaanlagen, eine wesentlicheRolle. „Die Büromessungen haben in diesem Zusammenhang ergeben, dass in über einem Drittel der Büros die Luftfeuchtigkeit sogar unter 30 % liegt und damit zu trocken ist. Dies verschärft sich in der Heizperiode drastisch, dann ist bei nahezu jedem zweiten Büro die Luftfeuchtigkeit zu niedrig“ kommentiert Mag. Thomas Schlatte, Plattform-Sprecher von ‚Meine Raumluft‘ die vorliegenden Daten. Im Idealfall liegt die Luftfeuchtigkeit zwischen 40 % und 60 %.

Heißer Bürodienst

Das Ergebnis der Büromessungen zeigt: In mehr als jedem zehnten Büro liegen die Temperaturen über 25 Grad. Dieser Wert steigert sich während der Sommermonate, wo es in jedem sechsten Büro zu heiß ist. In Arbeitsräumen mit geringer körperlicher Tätigkeit – wie in Büros üblich – liegt die ideale Temperatur zwischen 20 und 22 Grad. Die Arbeitsstättenverordnung schreibt hier einen Bereich von 19 bis 25 Grad vor. Eine zu hohe Temperatur führt zu Müdigkeit und schnellerer Erschöpfung. Die Folge: Hitze im Büro senkt die Produktivität.  

Appell an Versicherungsträger und Arbeitsmediziner

Mag. Brigitte John-Reiter Projektleiterin des Kompetenz|Zentrums Gesundes Bauen und Geschäftsführerin der Österreichischen Akademie für Arbeitsmedizin und Prävention betont die Bedeutung der Raumluft als Gesundheits- und Wirtschafts-Faktor. „Die Ergebnisse sind ein klarer Beweis, dass dem Raumklima in Büros und damit der Mitarbeitergesundheit zu wenig Beachtung geschenkt wird, sowohl in der Planungs- und Bauphase, als auch im täglichen Büroalltag. Dies liegt auch daran, dass es bis jetzt keine verlässlichen Daten gibt, wie viele Krankenstände und Krankheitsbilder tatsächlich im Zusammenhang mit den klimatischen Bedingungen in Arbeitsräumen stehen. Hier ist aus meiner Sicht dringlicher Forschungsbedarf gegeben, denn konkrete Zahlen würden vielen Unternehmen die Augen öffnen“, richtet John-Reiter einen klaren Appell an die Versicherungsträger und Arbeitsmediziner.

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