Aufgrund der klimatischen Veränderungen beginnt die Blüte allergologisch bedeutsamer Pflanzen immer früher, endet später und wird teils auch intensiver
„Die bisherige Pollensaison war eine Achterbahn an Belastungen“, sagt Dr. Markus Berger, Leiter des Österreichischen Polleninformationsdienstes. „Ende Jänner/Anfang Februar begann die Hasel mit ihrer Blüte, gefolgt von der Erle, die bis Anfang März stäubte. Die Erlenpollensaison war durchschnittlich, jedoch gab es außergewöhnlich hohe Belastungsspitzen gefolgt von geringem Pollenflug.“
Die Esche legte einen rekordverdächtigen Frühstart hin.
Berger: „Durch die milden Temperaturen erwarten wir auch einen verfrühten Start der Birke – aus heutiger Sicht in der dritten Märzwoche. Allergiker müssen mit durchschnittlichen bis stärkeren Belastungen rechnen.“
Danach folgt die Blüte der Gräser, die voraussichtlich ähnlich stark wie im Vorjahr sein wird. Beifuß und Ragweed blühen vom Spätsommer bis in den Herbst hinein und beschließen die Pollensaison – kurz bevor die Purpurerle im Dezember den Weihnachtsfrieden stört.
„Die Ursachen für immer mehr Tage mit belastendem Pollenflug hängen mit dem ‚global warming‘ zusammen“, erklärt Mag. Dr. Helmut Zwander, wissenschaftlicher Leiter des Pollenwarndienstes des Landes Kärnten.
Klimaveränderung: global warming ein Faktor für frühe Pollensaison
Es gibt immer mehr Indizien dafür, dass der Klimawandel, der zu einem Anstieg der Durchschnittstemperaturen führt, eine der Hauptursachen für frühen und heftigen Pollenflug ist.
Durch die Erwärmung der Erde werden die Bedingungen für das Pflanzenwachstum beeinflusst, was wiederum Auswirkungen auf die Pollensaison hat.
Wärmere Temperaturen können das Blühen von Pflanzen früher im Jahr auslösen und die Dauer der Pollensaison verlängern. Der Anstieg von Treibhausgasen, der den Klimawandel antreibt, verstärkt diesen Effekt weiter.
Eine erhöhte Konzentration von CO2 in der Atmosphäre kann außerdem das Wachstum und die Produktion von Pollen bei bestimmten Pflanzenarten stimulieren, was ebenfalls zu einer verstärkten Freisetzung von Pollen führt.
Zudem verschieben sich durch den Klimawandel die Vegetationsperioden, was dazu führen kann, dass Pflanzen früher blühen und somit die Pollensaison früher beginnt.
Neue Pflanzen, neue Beschwerden
Nicht autochthone Pflanzen – sogenannte Neophyten, die aus anderen Regionen eingeführt wurden un nicht von Natur aus in Europa heimisch sind, können in neuen Umgebungen gedeihen und möglicherweise aggressiver wachsen.
Als Neophyten („Neu-Pflanzen“) bezeichnet man Pflanzenarten, die erst nach dem Jahr 1492, dem Beginn der europäischen Entdeckung und Eroberung Amerikas, in eine bestimmte Region eingeführt wurden. Diese Einführung kann absichtlich durch den Menschen, beispielsweise als Zierpflanzen oder Nutzpflanzen, oder unbeabsichtigt durch Handel oder andere menschliche Aktivitäten erfolgen.
Neophyten können sich in neuen Umgebungen etablieren und manchmal als invasive Arten betrachtet werden, wenn sie sich aggressiv ausbreiten und ökologische Schäden verursachen. In Österreich könnten Beispiele für Neophyten Pflanzen wie die Robinie (Robinia pseudoacacia) oder das Indische Springkraut (Impatiens glandulifera) sein.
In Österreich gibt es bereits einige Beispiele für eingeführte Pflanzen, die zu einer Zunahme von allergieauslösendem Pollen führen.
Der Einjährige Beifuß – eigentlich ein Heilkraut, das ursprünglich aus Asien und den Balkanländern stammt – sorgte 2023 mit einer starken Blüte im Spätherbst für eine Überraschung.
Im Umfeld des Neusiedler Sees und der Kärntner Seen könnte der Pollenflug der Schilf-Bestände für Herbstallergien eine Bedeutung bekommen und auch die im pannonischen Tiefland angebauten Olivenhaine können künftig für Belastungen sorgen.
Auch der aus China stammende Götterbaum verbreitet sich in Österreich. Da er vorwiegend insektenbestäubt ist, muss nur lokal mit relevantem Pollenflug gerechnet werden.
Ragweed (Ambrosia oder Beifußblättriges Traubenkraut) ist besonders problematisch im Hinblick auf Allergien. Es produziert eine hohe Menge an Pollen mit einer sehr feinen Struktur, die leicht in die Luft gelangen und weite Entfernungen zurücklegen können. Dieser Pollen ist hochallergen und kann bei Menschen, die allergisch darauf reagieren, starke Symptome wie Niesen, laufende Nase, tränende Augen, Atembeschwerden und sogar Asthmaanfälle auslösen.
Ragweed ist eine invasive Pflanzenart, die ursprünglich aus Nordamerika stammt und sich in vielen Teilen Europas, einschließlich Österreichs, ausgebreitet hat. Die Auswirkungen von Ambrosia auf die Gesundheit der Bevölkerung können erheblich sein, da sie nicht nur bei Allergikern, sondern auch bei Personen, die bisher keine Allergien hatten, allergische Reaktionen auslösen kann. Die Bekämpfung und Kontrolle von Ambrosia ist daher wichtig, um die Belastung durch Allergien zu reduzieren und die öffentliche Gesundheit zu schützen.
„Für eine gute Pollenprognose ist aerobiologisches Wissen und Erfahrung wichtig, denn jedes Jahr hat sein ‚eigenes Gesicht‘ und variiert wetter- sowie vegetationsbedingt. Auch die Luftverschmutzung hat Einfluss auf die Symptomstärke“, so Zwander. „Der Blick auf den statischen Pollenkalender allein reicht also nicht mehr aus!“
Prognose und Therapie: neue Services, neue Ansätze
Die Services des Österreichischen Polleninformationsdienstes sind für Allergiker seit vielen Jahren wichtiger Begleiter durch die Pollensaison. Nun wurde die Webseite des Vereins www.polleninformation.at neu aufgebaut und noch stärker personalisiert um die individuelle Situation der Allergiker besser zu berücksichtigen.
Das Update verwendet zu lokalen Pollen- und Symptomdaten der Nutzer nun auch Wetterdaten und berechnet den Einfluss von Ozon, Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Feinstaub. Damit sind die Vorhersage und das persönliche Allergie-Risiko noch genauer, da Wetter und Luftqualität maßgebliche Auswirkungen auf das Befinden von Pollenallergikern haben.
Auch eine neue Landingpage www.allergie.at, die in Kooperation mit der Patientenplattform IGAV – Interessensgemeinschaft Allergenvermeidung entstanden ist, ermöglicht Allergikern nunmehr einen zentrale Zugriff auf wichtige Informationen: Aktuelle Polleninformationen, Pollen-Tagebuch, Hintergrund-Informationen und Ratgeber zum Thema Allergievermeidung.
Im therapeutischen Bereich haben sich zuletzt nur wenige neue Errungenschaften gezeigt, dafür wurde die Effizienz der Allergiebehandlungen bestimmter Allergieformen genauer untersucht.
Immer mehr Menschen in unserer Gesellschaft sind etwa von einer saisonalen allergischen Rhinitis (umgangssprachlich auch als Heuschnupfen bezeichnet) betroffen, die auch langfristig zum Asthmarisiko beiträgt.
In Österreich leiden rund 1,5-2 Millionen Menschen an einem „Heuschnupfen“, der durch den Kontakt mit Pollen hervorgerufen wird – Tendenz steigend. Die Beschwerden inkludieren eine rinnende oder verstopfte Nase, Augenjucken und Niesattacken und sind mit einem Verlust an Lebensqualität verbunden, denn viele Allergiker leiden während der Pollenzeit auch unter Schlafstörungen, einem Leistungsabfall bei der Arbeit bzw. in Schule und an Einschränkungen bei Freizeitaktivitäten.
Dazu kommt, dass der vermeintlich harmlose allergische Schnupfen der wichtigste Wegbereiter für allergisches Asthma ist. „Um die Zunahme der Allergiebeschwerden und in der Folge möglicherweise Asthma zu verhindern, braucht es frühe Erkennung und adäquate Behandlung“, weiß so Prim. Priv.-Doz. Dr. Fritz Horak, Ärztlicher Leiter des Allergiezentrums Wien West. Dafür stehen ausgezeichneten Möglichkeiten zur Verfügung.
Die Linderung der Symptome ist zentral bei der Behandlung allergischer Rhinitis. Allerdings können auch Immuntherapien (Subkutane Immuntherapie; „Allergiespritze“) eingesetzt werden, durch die sich das Immunsystem allmählich an den Allergieauslöser (z. B. Pollen, Hausstaubmilben) gewöhnt.
In einer aktuellen Studie polnischer Wissenschaftler wurde die beste Gesamtwirksamkeit (TIX-Score) je nach auslösendem Allergen für folgende Allergiebehandlungen beobachtet:
Gräserpollen: Nasenspray mit Antihistaminika und kombiniertes Nasenspray mit Glukokortikosteroiden und Antihistaminika
Birkenpollen: sublinguale Immuntherapie (Immuntherapie in Tablettenform)
Bei Hausstaubmilben, die ebenfalls als Allergieauslöser gelten: intranasale Glukokortikosteroide (Kortison-Nasenspray)
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Quellen:
¹ www.allergenvermeidung.org – Informationsplattform für Allergiker
² Marko M, Pawliczak R. Pharmacotherapy and immunotherapy of allergic rhinitis induced by house dust mite, grass, and birch pollen allergens: a meta-analysis of randomized clinical trials. Expert Rev Respir Med. 2023 Jul-Dec;17(7):607-621. doi: 10.1080/17476348.2023.2241364. Epub 2023 Jul 28. PMID: 37489655
Linktipps:
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