Krebs und Krebsversorgung im Jahr 2020

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Eine aktuelle Studie der Österreichische Gesellschaft für Hämatologie & Medizinische Onkologie (OeGHO) zeigt, dass die Zahl der Menschen mit der Diagnose Krebs dramatisch steigen wird. Daraus leiten die Autoren der Studie „Future Demands“ (im Auftrag der OeGHO) einen großen Handlungsbedarf bei der Facharzt-Ausbildung für Hämatologie und internistische Onkologie ab. Jedenfalls führt die demographische Entwicklung auf der einen Seite sowie die Verbesserung der Diagnostik und Therapie von Krebserkrankungen auf der anderen Seite führen dazu, dass in Österreich in den nächsten Jahren 60-80 % mehr Menschen mit der Diagnose leben – eine große Herausforderung für das österreichische Gesundheitssystem.

Krebs ist bereits jetzt die zweithäufigste Todesursache und für rund ein Viertel der Sterbefälle verantwortlich. Obwohl die Zahl der Neuerkrankungen in den meisten Altersgruppen rückläufig ist, erhöht sich die Zahl der Menschen mit der Diagnose Krebs durch die zunehmende Alterung unserer Gesellschaft sowie durch verbesserte Therapiemöglichkeiten mit der in der Folge steigenden Überlebenswahrscheinlichkeit deutlich.

„Das stellt unser Gesundheitssystem vor enorme Herausforderungen“, meint Univ.-Prof. Dr. Hellmut Samonigg (Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie & Medizinische Onkologie). „Es wird essenziell sein, dass wir wissen: Welche Patientenzahlen sind zu erwarten? Wie können wir die spezialisierte Versorgung dieser Menschen sicherstellen? Und wie viele Fachärzte werden wir benötigen?“ Deshalb hat die OeGHO eine – in dieser Form einzigartige – umfassende Studie in Auftrag gegeben, die Antworten auf diese Fragen finden sollte.

„Um Szenarien für das Jahr 2020 prognostizieren zu können, haben wir im Auftrag der OeGHO die Bevölkerungsentwicklung analysiert und mit Hochrechnungen von Neuerkrankungen sowie Prävalenzen der häufigsten Krebserkrankungen verknüpft“, erläutert Studienautor Univ.-Prof. Dr. Bernhard Güntert, Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften, medizinische Informatik und Technik (UMIT). „Auf dieser Basis konnten wir den intramuralen Versorgungsbedarf und die Zahl der benötigten Fachärzte für Innere Medizin mit Additivfach Hämatologie und internistische Onkologie errechnen.“

2020: zwischen 60 % und 80 % mehr Menschen mit der Diagnose Krebs

Die wichtigsten Ergebnisse: Die Wahrscheinlichkeit an Krebs zu erkranken, nahm seit dem Jahr 2000 innerhalb fast aller Altersgruppen signifikant ab. Die Inzidenzrate (Zahl der Neuerkrankungen) fiel von 465,3 Personen pro 100.000 Einwohner auf 461,7 im Jahr 2010. Und dieser Trend wird sich auch in Zukunft fortsetzen. Die Forscher der UMIT rechnen mit einer Rate von 451 im Jahr 2020.

Dennoch wird die Zahl der Menschen mit Krebs (Prävalenz) bei den meisten Krebsarten bis zum Jahr 2020 zwischen 60 % und 80 % ansteigen. „Wir haben Krebs immer besser im Griff, und die Menschen leben länger mit ihrer Diagnose. In immer mehr Fällen gelingt die Heilung, und immer häufiger können wir Krebs zu einer chronischen Erkrankung machen“, so Samonigg. „Zusätzlich sehen wir uns mit einem demographischen Wandel konfrontiert. Die Österreicher werden immer älter. Und das hat zur Folge, dass insgesamt mehr Menschen gleichzeitig zu behandeln sind.“

Engpässe in der Versorgung der Krebspatienten?

„Der Bedarf an diagnostischen, therapeutischen und betreuerischen Leistungen für Krebspatienten nimmt somit deutlich zu, und das in allen Bundesländern“, zieht Güntert den
Schluss. „Nicht nur steigende Kosten für Infrastruktur, medikamentöse und andere Therapien, sondern vor allem die knappen personellen Ressourcen dürften zu Engpässen im
Versorgungssystem führen.“ Freilich betrifft dies nicht alle Bundesländer gleichermaßen, weil die Dichte und die Kapazitäten bei den Versorgungseinrichtungen unterschiedlich sind. Zu spüren wird der Bedarf aber überall sein.

Im besonderen Maße werden Fachärzte für Innere Medizin mit Additivfach Hämatologie und internistische Onkologie gefordert sein, denen eine Schlüsselrolle in der Behandlung von Krebspatienten zukommt. Die Zahl dieser Spezialisten ist zwar seit dem Jahr 2005 österreichweit deutlich gewachsen (2005: 243 Fachärzte; 2012: 356 Fachärzte). Die prognostizierte
künftige Nachfrage nach onkologischen Leistungen wird damit aber nicht zu decken sein. „Für das skizzierte Szenario würden wir 2020 in Österreich rund ein Drittel mehr Fachärzte benötigen. Wenn man zusätzlich noch berücksichtigt, dass bis dahin etwa 80 der heute tätigen Fachärzte in den Ruhestand treten, erhöht sich der Bedarf an entsprechend kompetenten Medizinern nochmals. In Summe gehen wir davon aus, dass 170 bis 200 Fachärzte für Innere Medizin mit Additivfach für Hämatologie und internistische Onkologie neu auszubilden sind. Das entspricht in etwa der Hälfte des jetzigen Bestands.“

„Wenn wir in Österreich die hämatologisch-onkologische Versorgung langfristig sicherstellen wollen, müssen wir alle – Gesundheitspolitik wie auch Fachgesellschaften und Ärztekammern
– große Anstrengungen unternehmen, um junge Ärzte für die Ausbildung im Fach Innere Medizin mit Additivfach für Hämatologie und internistische Onkologie zu gewinnen“, appelliert Samonigg an die Entscheidungsträger des heimischen Gesundheitssystems.

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Quelle: Österreichische Gesellschaft für Hämatologie & Medizinische Onkologie

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