Stuhlinkontinenz ist ein großes Tabuthema und schränkt unbehandelt die Lebensqualität der Betroffenen meist erheblich ein.
Wenn Ernährungsumstellung, Beckenboden- oder Toilettentraining keinen Erfolg bringen, bleibt nur mehr eine OP. Nun wird in Wien ein neues Analband getestet.
Unter der Leitung des Chirurgen Stefan Riss von der Universitätsklinik für Allgemeinchirurgie von MedUni Wien und AKH Wien hat eine Studie zu einer neuen operativen Behandlungsmethode gestartet. Getestet wird dabei eine neues Analband, das den After besser als bisherige Methoden abdichten und dauerhaft eine kontrollierte Darmentleerung ermöglichen sollte.
Stuhlinkontinenz
Bei Patienten, die von Stuhlinkontinenz betroffen sind, kommt zu einem unfreiwilligen Verlust von Verdauungsgasen, Darmschleim oder Stuhl. Etwa sechs Prozent der Bevölkerung ab dem 60. Lebensjahr sind betroffen, Frauen aufgrund der Anatomie und Geburtsfolgen deutlich häufiger als Männer.
Die therapeutischen Maßnahmen sind unterschiedlich und hängen von der jeweiligen Ursache ab. Zur Anwendung kommen derzeit medikamentöse Gaben, Beckenbodentraining und in bestimmten Fällen das Einsetzen eines Darmschrittmachers oder so genannter Sphinkeeper, kleinste Prothesen aus biokompatiblem Material.
In der Regel werden zuerst nicht-operative Methoden eingesetzt. Zur konservativen Therapie gehören Ernährungsumstellung, Toilettentraining, Beckenbodentraining, Biofeedback-Training oder auch Analtampons.
Erst bei besonders schweren Fällen können operative Eingriffe notwendig sein.
Nun wird eine neue operative Behandlungsmöglichkeit unter der Leitung von Stefan Riss und der Mitarbeit von Christopher Dawoud von der Universitätsklinik für Allgemeinchirurgie von MedUni Wien und AKH Wien im Rahmen einer multizentrischen Studie getestet.
Studie untersucht Wirksamkeit von neuem Analband
Das neue Analband aus elastischem Material wird operativ um den Analkanal implantiert. Speziell für die Behandlung von Stuhlinkontinenz von einer österreichischen Medizinprodukt-Firma entwickelt, dichtet das neue Band mit permanentem Druck den After ab, ermöglicht aber gleichzeitig eine kontrollierte Darmentleerung.
„Der Vorteil des neuen Verfahrens für Patientinnen und Patienten ist, dass das Band nicht nachgestellt werden muss und es so eine ständige Stuhlkontrolle ermöglicht“, erklärt Stefan Riss von der Universitätsklinik für Allgemeinchirurgie und Studienleiter.
Die multizentrische Studie startete im April 2023 mit dem ersten Eingriff am Universitätsklinikum AKH Wien. „An unserer Universitätsklinik wurde weltweit der ersten Patientin das neue Analband eingesetzt. Der
Eingriff ist sehr gut verlaufen und konnte wie geplant minimalinvasiv mit nur zwei kleinen, etwa zwei Zentimeter langen Schnitten neben dem After, durchgeführt werden“, berichtet Riss.
Innerhalb eines Jahres sollte die neue Behandlungsmethode nun an sechs auf Inkontinenz spezialisierten Zentren in Spanien, Deutschland und Wien mit insgesamt 30 Patientinnen und Patienten getestet werden.
Gemessen wird, ob die Inkontinenz-Episoden nach der Operation zurückgegangen sind, sich die Kontrolle über den Stuhl und die Lebensqualität der Patienten verbessert hat. Eine erste Beurteilung erfolgt nach den
ersten zehn Behandlungen. „Das Ziel ist, die Stuhlinkontinenz der Patienten dauerhaft zu verbessern“, so Riss.
Kontakt:
Beckenbodenambulanz und Manometrie, Universitätsklinik für
Allgemeinchirurgie, Universitätsklinikum AKH Wien, Ebene 7C
Für Betroffene steht die chirurgische Beckenbodenambulanz und das
Kontinenz- und Beckenbodenzentrum von AKH Wien und MedUni Wien zur
Verfügung, wo interdisziplinär und fachübergreifend Diagnosen und
Therapiemöglichkeiten erstellt werden.
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